Pirateninitiativen im Landtag: Gerechter Landeshaushalt, Videoüberwachung eindämmen, Leistungsschutzrecht stoppen

1. Landeshaushalt 2013

Am Mittwoch vormittag (ab 10 Uhr) wird der Landeshaushalt 2013 debattiert. Da die Koalition unsere moderaten und gegenfinanzierten Änderungswünsche im Wesentlichen nicht übernommen hat und in finanziell hervorragenden Zeiten so viele Schulden wie eben noch zulässig aufnimmt, ohne Vorsorge gegen Haushaltsrisiken zu treffen, kann der Haushaltsplan nicht auf unsere Zustimmung treffen.

Wir Piraten fordern gegenüber den Regierungsplänen eine finanzielle Stärkung der Verbraucherzentrale, der Frauenhäuser und der Mädchenarbeit, der Jugendverbände und der Transparenz im Landtag.

Zur Verstärkung der demokratischen Jugendbildung sollen Landesjugendring und Jugendverbände bis zu 300.000 Euro mehr als von der Landesregierung geplant erhalten. Die Förderung der Verbraucherzentrale wollen die Piraten um bis zu 70.000 Euro aufstocken. Im Gegenzug soll die Verbraucherzentrale den Erhalt aller fünf Standorte in Schleswig-Holstein zusichern. Durch Verzicht auf ein umstrittenes Modellprojekt der AWO soll den Frauenhäusern 200.000 Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Dem Unabhängigen Landesdatenschutzzentrum soll es ermöglicht werden, bisher befristet beschäftigte Mitarbeiter dauerhaft einzustellen.

Die Bürger sollen zudem die Sitzungen und Anhörungen der Landtagsausschüsse künftig landesweit über das Internet mitverfolgen können. Für 40.000 Euro sollen zwei Übertragungswagen angeschafft werden, um die politische Arbeit im Landtag transparenter zu machen. Die Sicherheit an Schleswig-Holsteins Gerichten sollen Justizwachtmeister des Landes anstelle von privaten Sicherheitsdiensten gewährleisten.

Um dies gegenzufinanzieren soll ein geplantes Marketingprojekt des Wirtschaftsministeriums im Volumen von 500.000 Euro ebenso gestrichen werden wie eine für den Landtag geplante Stellenaufstockung und ein „umstrittenes“ IT-Projekt des Landtages für Katastrophenfälle.

2. Verdeckte Videoüberwachung nur mit richterlicher Anordnung!

Als Tagesordnungpunkt 10 wird unser Gesetzentwurf zur Einführung eines Richtervorbehalts bei verdeckten Bildaufnahmen und -aufzeichnungen behandelt (Drs. 18/446). Beginn der Debatte soll am Mittwoch um 16:45 Uhr sein.

Wir Piraten wollen erreichen, dass die schleswig-holsteinische Polizei künftig nur noch mit richterlicher Genehmigung verdeckte Bild- oder Videobeobachtungen von Personen machen darf. Das sieht ein Entwurf zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes vor, der nun in Erster Lesung beraten wird.

Der Grund: Verdeckte polizeiliche Bildaufnahmen, beispielsweise vor der Privatwohnung einer Person, sind nach Ansicht der Piraten „typischerweise geeignet, besonders tief in die Privatsphäre des Betroffenen einzudringen“. Erfolgen sie über einen längeren Zeitraum hinweg, könnten sie das Privatleben einer Person außerhalb ihrer Privatwohnung weitgehend abbilden, so die Befürchtung.

Bislang sehe das schleswig-holsteinischen Polizei- und Ordnungsrecht keinen Richtervorbehalt für den verdeckten Einsatz von Kameras vor, so die Piraten. Demgegenüber unterlägen aber sowohl die akustische Überwachung als auch die Observation von Personen einem Richtervorbehalt. Diese Unterscheidung sei „nicht gerechtfertigt“. Zudem habe das Thüringische Verfassungsgericht im vergangenen November eine Ermächtigung der dortigen Polizei zu heimlichen polizeilichen Bildaufnahmen für verfassungswidrig erklärt.

Unterdessen hat die Landesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Piraten erklärt, es sei geplant, „150 blau/silberne Einsatzfahrzeuge in den Jahren 2013 bis 2017 mit Videoeigensicherungsanlagen auszustatten“. (Drs. 18/410) Eine Evaluierung der Wirksamkeit zum Schutz von Polizeibeamte liegt nicht vor.

3. Videoüberwachung von Bahnfahrern evaluieren statt ausweiten

Als Tagesordnungspunkt 23 wird am Freitag um 10 Uhr unser Antrag zur Videoüberwachung an Bahnhöfen debattiert.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und die Deutsche Bahn sollen ihre Pläne zu einer verstärkten Videoüberwachung von Bahnhöfen aufgeben. Anlass der Überlegungen des Innenministers waren der fehlgeschlagene Anschlagsversuch am Bonner Hauptbahnhof im Dezember und der tödliche Überfall auf einen jungen Mann am Berliner Alexanderplatz im letzten Oktober.

Mit „verstärkter und verbesserter Videotechnik auf öffentlichen Plätzen“, so Innenminister Friedrich in einem Zeitungsinterview, ließen sich „Gewalttäter abschrecken und Straftaten und geplante Anschläge aufklären“. Auf Bahnhöfen bestehe „Handlungsbedarf“. Dort gibt es aus seiner Sicht zu wenige Kameras, zudem werden die Bilder bisher nur an ausgewählten Bahnhöfen aufgezeichnet. Nach dem Anschlagsversuch in Bonn konnten die Ermittler zwar auf Bildmaterial von den Tatverdächtigen zurückgreifen. Dies stammte aber nicht von einer der sieben Sicherheitskameras im Hauptbahnhof, sondern aus einem Schnellrestaurant am Bahnsteig.

Wir Piraten im Landtag halten dagegen: Eine Videoüberwachung lässt nach einschlägigen Untersuchungen weder eine Erhöhung der tatsächlichen noch der wahrgenommenen Sicherheit erwarten. Stattdessen schlagen wir vor, Bahnhöfe heller, übersichtlicher und besser einsehbar zu gestalten. Es müsse Rückzugsmöglichkeiten wie Wartehäuschen geben, Verschmutzungen müssten rasch beseitigt werden, und es müsse für „eine angemessene Präsenz und Erreichbarkeit“ des Sicherheitspersonals gesorgt werden.

Zudem müsse die Bahn ihre Fahrgäste über das im Vergleich zu anderen Orten geringe Risiko von Fahrgästen an Bahnhöfen oder in Zügen aufklären, „um den verbreiteten Fehlvorstellungen diesbezüglich entgegenzuwirken“. Die Bahn soll außerdem eine unabhängige Untersuchung des Nutzens und der schädlichen Nebenwirkungen von Videoüberwachung in Auftrag geben und ihren Fahrgästen mitteilen, in welchen Bereichen sie überwacht werden.

Und: Zu dem geplanten „Sicherheitsgipfel“ im Februar soll die Bahn nach Willen der Piraten neben Regierungsvertretern und staatlichen Datenschutzbeauftragten auch unabhängige Kriminologen, Fahrgastverbände sowie Vertreter von Bürgerrechts- und Datenschutzorganisationen einladen.

Auch aus den Reihen von SPD, Grünen und FDP kam Kritik an Friedrichs Vorstoß. Eine „Totalüberwachung des öffentlichen Raumes“ schaffe nicht mehr Sicherheit, stattdessen sei eine bessere Kooperation der verschiedenen Sicherheitsbehörden nötig.

4. Leistungsschutzrecht stoppen

Am Freitag wird der Landtag unseren Antrag „Schleswig-Holstein lehnt Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit durch neues Leistungsschutzrecht für Presseverlage ab“ voraussichtlich in zweiter Lesung annehmen.

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