Feedback zur Verschlusssachenanweisung gesucht

Am 5. Juni 2012 sollen wir PIRATEN über die neue Geschäftsordnung des Landtags abstimmen. Diese verweist auf eine Verschlusssachenanweisung, die bislang nicht einmal im Internet veröffentlicht war. Jetzt schon:

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen für das Land Schleswig-Holstein (VS-Anweisung – VSA SH)

Was meint ihr: Sind Änderungen erforderlich und, wenn ja, welche?

Unsere Änderungsvorschläge für Geschäftsordnung und Geheimschutzordnung finden sich hier. Morgen sprechen wir darüber mit dem Wissenschaftlichen Dienst des Landtags.

5 Kommentare

5 Kommentare

  • 1
    Pirat
    21. Mai 2012 um 19:08 Uhr

    Ich finde das ein vordemokratisches und informationsfreiheitsfeindliches Geheimniskrämergesetz, gegen das man vorgehen sollte.

    – Zumindest dem hier veröffentlichten PDF kann ich keine amtliche Begründung entnehmen, aus der die Erforderlichkeit der einzelnen Bestimmungen hervorginge.

    – Das Gesetz legitimiert sogar dazu, Angelegenheiten vor Parlamentariern geheim zu halten, § 15 kann ich kein Einsichtsrecht für Abgeordnete entnehmen.

    – Es ist zumindest nach außen hin intransparent, wer in den jeweiligen Behörden für die Einstufung zuständig ist („ist deren Leiter verantwortlich“, § 2). Es ist auch das Vier-Augen-Prinzip nicht sichergestellt. Zwar gibt es nach § 3 einen „Geheimschutzbeauftragten“, jedoch nimmt im Zweifel „der Behördenleiter die Aufgaben der oder des Geheimschutzbeauftragten wahr“. Auch wenn es einen separaten gibt, scheint mir nicht sichergestellt, dass er mit allen Einstufungen mit befasst wird; noch nicht mal der nach § 3 beratende Verfassungsschutz. Das öffnet meiner Meinung nach Exzessen Tür und Tor.

    – Die Kriterien zur Einstufung als VS sind schwammig gehalten. Die Einstufungskriterien lauten immer nach dem Prinzip „wenn die Kenntnisnahme die Sicherheit der BRD … gefährden … kann“. Das kann theoretisch immer der Fall sein. Vielleicht wäre besser: „wenn nach der Lebenserfahrung mit einem schriftlich zu dokumentierenden Schadenseintritt für die BRD zu rechnen ist, der das Informationsfreiheitsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt“? Ich finde das schwammig genug.

    – Laut § 9 können die Sachen offenbar bis zu 60 Jahre unter Verschluss bleiben, die Standardfrist ist 30 Jahre. Wozu soll das erforderlich sein? Mir fällt kein „Staatsakt“ ein.

    – Ob man einen Anreiz zur zügigen Freigabe schaffen sollte, indem man regelmäßig neu prüfen und dokumentieren lässt, warum die Geheimhaltung noch erforderlich ist?

  • 2
    ma.willner
    21. Mai 2012 um 19:33 Uhr

    Sehr merkwürdige Dienstvorschriften, diese Fristen sind länger uns strickter als die für militärische Unterlagen und Vorschriften, und da gibt es sachen die wirklich geheim zu halten sind.

    mfg

  • 3
    Dr.h.c.Kaboom
    21. Mai 2012 um 20:54 Uhr

    Ich habe versucht den Text zur Verschlusssachenanweisung zu lesen – leider liest sich das ähnlich zäh, wie sich Leder beißt. Ich hab’s daher aufgeben – scheinbar ist aber für geheime Totholz-Dokumente auch noch der letzte Furz geregelt, wie man das für Verwaltungen, die in der Tradition obrigkeitsstaatlicher Geheimbündelei und Kungelei stehen, eben auch erwartet.

    Dafür aber hier einige Anmerkungen zur Landtags-Geschäftsordnung:

    §32(1) unveränderte Version
    „(1) Eine Fraktion oder mindestens fünf Abgeordnete“ – das einzige Mal in der GO dass von einer Gruppe aus 5 Abgeordneten gesprochen wird. Etwas inkonsistent, sollte man auch auf die Standardgröße von „mindestens vier Abgeordneten“ anpassen.

    §13(2) und (9) (neue Version)
    Wenn jeder Ausschuss 11 Mitglieder hat und ein fraktionsloser Abgeordneter das Recht hat einem Ausschuss anzugehören – nimmt er dann die Stelle eines anderen Ausschussmitglieds ein oder wird die Ausschussgröße dann um ein zwölftes stimmrechtsloses Mitglied erhöht. Vermutlich letzteres – es geht aus dem Text aber nicht so klar hervor, dass ein fraktionsloser Abgeordneter einem Ausschuss als „zusätzliches“ Mitglied beitritt.

    §22(1) (Alte und Neue Version)
    Gleich nach der Wahl im Saarland ist eine Abgeordnete der Linken zur SPD gewechselt. Ein ähnlicher Fall in SH, bei einer 5% Partei mit vier Abgeordneten, würde dann bedeuten, dass die verbleibenden 3 Abgeordneten keine Fraktion mehr bilden könnten, und zu einem fraktionslosen parlamentarischen Randdasein verdammt wären.
    Eine nette Trollerei, aber sicher nicht im Sinne des Wählerwillens. Eventuell könnte man das durch einen etwas anders lautenden ersten Satz im §22(1) verhindern z.B.
    „Abgeordnete derselben zur letzten Landtagswahl zugelassenen Partei oder mindestens vier beliebige Mitglieder des Landtags können eine Fraktion bilden“
    Ich bin jetzt nicht so der große Formulierer – aber meine Absicht wird hoffentlich klar. §22(4) könnte dann eigentlich entfallen, da ein oder mehrere Abgeordnete des SSW dann folglich eh das Fraktionbildungsrecht hätten.

    §34(1) Misstrauensantrag (unveränderte Version) & §49(1)
    „bedarf der Unterschrift von mindestens achtzehn Abgeordneten“ – der Landtag kann durch Überhangmandate ziemlich aufgebläht werden – ein willkürlicher Fixwert von 18 Abgeordneten passt da nicht so recht.
    Wenn ich richtig gezählt habe, ist in der neuen Version der GO noch zweimal von 18 Abgeordneten die Rede – in anderem Zusammenhang aber öfter von „ein Viertel der Mitglieder“. 18 aus 69 Abgeordneten sind ca. 26% – dann könnte man doch besser gleich von „mindestens einem Viertel der Abgeordneten“ schreiben – skaliert dann auch automatisch mit der Landtagsgröße.

    und als last and least etwas Wortklauberei
    §51(4) (unveränderte Version)
    „kann der Oppositionsführer das Wort ergreifen“ – wählen die Oppositionsparteien tatsächlich einen „Oppositionsführer“? Das wäre mir dann neu – oder ist der Begriff noch ein Relikt aus der guten, alten Zeit des Drei-Parteien-Parlaments?
    Wie auch immer – bevor man sich herumstreitet, wer den nun der „Führer“ der Opposition ist, sollte man das Ganze zum „Vertreter der stärksten Oppositionsfraktion“ o.ä. abändern.

    Patrick: Danke für das Feedback. Der Oppositionsführer ist in der Landesverfassung definiert.

    • 4
      Dr.h.c.Kaboom
      26. Mai 2012 um 17:30 Uhr

      Danke, gerade §12 Landesverfassung nachgelesen. Hätte nicht gedacht, dass man sowas, wie in Schleswig-Holstein und Hamburg, in der Verfassung regeln muss. Ob sich wohl die Hamburger Linke-Fraktion gerne vom CDU-Oppositionsführer führen lässt? Aber egal – der Ältestenrat heißt ja auch dann Ältestenrat, wenn ihm die jüngsten Parlamentsabgeordneten angehören 😉