Am Tag vor der Richtungsentscheidung des SPD-Konvents[1] musste Schleswig-Holsteins Innenminister Studt (SPD) heute im Landtag Rede und Antwort zum Thema Vorratsdatenspeicherung stehen und wurde von den Abgeordneten der Piratenpartei eingehend befragt.[2] Studt bestätigte den Piratenabgeordneten,
* dass der Gesetzentwurf eine anlass- und verdachtslose Vorratsdatenspeicherung von Kommunikations- und Bewegungsdaten der gesamten Bevölkerung vorsieht,
* dass Schleswig-Holsteins Landesregierung den Gesetzentwurf ablehne,
* dass die Daten von Bürgern gespeichert werden, die in keinem auch nur entfernten Zusammenhang mit schweren Straftaten stehen,
* dass selbst Kontakte von und zu Rechtsanwälten, Ärzten, Psychotherapeuthen, geistlichen Seelsorgern und Abgeordneten erfasst werden sollen,
* dass die Vorratsdatenspeicherung fast ausschließlich unbescholtene Bürger erfassen würde,
* dass Straftäter zur Umgehung einer Vorratsdatenspeicherung Verschleierungsmethoden einsetzen, die eine Strafverfolgung selbst im Verdachtsfall unmöglich machen können,
* dass das Vorhandensein von Spuren einer Straftat immer – nicht nur im Fall von Telekommunikationsdiensten – vom Zufall abhängt.
Die Frage, ob der Gesetzentwurf unverhältnismäßig und europarechtswidrig ist, beantwortete der Minister nicht.
Der PIRATEN-Abgeordnete Dr. Patrick Breyer kommentiert: „Herr Albig, Herr Dr. Stegner, werden Sie Ihrer Verantwortung gegenüber den unseren Ärzten, unseren Rechtsanwälten, unseren Journalisten und allen Schleswig-Holsteinern gerecht und nehmen Sie den Kampf gegen die Vorratsdatenspeicherung auf!“
[1] Süddeutsche Zeitung vom 17. Juni 2015: Artikel
[2] Fragen der Piratenabgeordneten: Liste der Fragen
1 Kommentar
Der Bürger ist „gläsern“ – nicht erst seit den div. Abhöraktionen nationaler wie internationaler Nachrichtendienste. Der Wunsch nach einer Vorratsdatenspeicherung in der alle Bürger usw. erfasst werden, zeigt den Hunger nach Daten in aller Form – ich denke hier gibt es auch Interessen seitens der Wirtschaft hinsichtlich des Konsumentenverhaltens u.a.
Um (international organisierte) Kriminalität zu bekämpfen, brauchen wir keine „Vorratsdatenspeicherung“ – wie es sich manche wünschen.
Wir müssen nur einmal unseren gesunden Menschenverstand dazu benutzen, die vorhandenen Regelungen und Gesetze auf den Prüfstand zu stellen, ob sie den heutigen Anforderungen noch gerecht werden (können).
Beispiel Mafia – Obwohl wir durch div. Lagebilder der LKA bzw. des BKA darüber Bescheid wissen, dass sich italienische und andere Nationalitäten) Clans in Deutschland ausbreiten, gibt es keine Anti-Mafia-Gesetze (wie es ua.a. auch das EU Parlament fordert), die es uns ermöglichen gegen deren Aktivitäten vorzugehen bzw. illegal erlangtes Vermögen zu beschlagnahmen.
M.W. gibt es bei den Ermittlungsbehörden eine Vielzahl von Möglichkeiten gew. Daten ((auch in gespeicherter Form) zu erlangen – nur mangelt es an der Koordination und Filterung dieser Daten um sie richtig zuordnen zu können.
Vielleicht wäre die Errichtung bzw. Einrichung v. polizeilichen Analysezentren/Netzwerken die mit entsprechenden Spezialisten besetzt sind, eher eine Möglichkeit gewissen Dingen näher auf den Grund zu gehen, als das Speichern v. unnötigen Daten.
Aber letztendlich wird uns der Datenschutz selbst die Grenzen aufzeigen, innerhalb derer wir uns bewegen dürfen während die Kriminalität freie Fahrt genießt.