Seit 2004 hat das Land insgesamt über 1.600.000 m² Küsten- und Uferflächen verkauft oder verschenkt.[1] Die PIRATEN im Schleswig-Holsteinischen Landtag haben nun beantragt, dem Einhalt zu gebieten, „um das Recht jedes Menschen auf Nutzung unserer Küsten, Häfen, Ufer und Buchten zu erhalten“.[2]
Der Abgeordnete Patrick Breyer erläutert die Initiative: “Wir wollen den schleichenden Ausverkauf unserer Küsten stoppen. Wechselnde Landesregierungen haben in den letzten Jahren öffentliches Naturerbe verkauft oder verschenkt. Das Ergebnis: In Wendtorf soll in bester Küstenlage beispielsweise eine Luxusferienanlage entstehen,[2] anstatt allen Menschen, sowohl Schleswig-Holsteinern als auch Urlaubern aus anderen Ländern, den Genuss unserer Natur zu ermöglichen. Für uns PIRATEN steht fest: Unsere Ufer und Küsten gehören allen und sollten nicht dem Profit Einzelner dienen! Zur Entwicklung unserer Küste genügt es vollauf, öffentliche Flächen befristet zur Nutzung zu überlassen, etwa durch Pachtverträge, in denen der öffentliche Zugang zu sichern ist.
Die ohne öffentliche Ausschreibung erfolgten Verkäufe in der Vergangenheit sollten auch aus finanziellen Gründen neu aufgerollt werden: So hat die landeseigene GMSH den vom Gutachter zunächst ermittelten Wert der Marina Wendtorf ohne nachvollziehbare Begründung halbiert. Wie häufig ist das noch vorgekommen? Ungereimtheiten müssen aufgeklärt werden.”
Das Verwaltungsgericht Schleswig prüft zurzeit, ob die in Wendtorf verkauften Flächen der „Marina Wendtorf“ weiterhin der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden müssen.[3]
[1] Liste der Veräußerungen: http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1100/drucksache-18-1181.pdf
[2] Antrag der PIRATEN: http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1900/drucksache-18-1974.pdf
[3] Anhängige Klage: http://www.kn-online.de/Schleswig-Holstein/Landespolitik/Verkauf-von-Hafenanlage-wie-Marina-Wendtorf-ein-Fall-fuers-Gericht-Klage-in-Schleswig
(Bild: Nikater; Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.)
5 Kommentare
Bei meinem letzten Besuch in Marina Wendtorf wurde mir mitgeteilt, dass das ganze Areal öffentlich zugänglich ist, und es auch bleiben wird – sowohl Hafen als auch Strände. Es wird auch keine „Gated Community“ wie beispielsweise in Olpenitz entstehen. Es handelt sich also offensichtlich um eine Falschmeldung (mangels Recherche?).
Ich finde den Informationsgehalt dieser Meldung etwas dünn.
„In Wendtorf soll in bester Küstenlage beispielsweise eine Luxusferienanlage entstehen“, und als Quelle wird dann der Antrag zitiert. Und da steht dann auch nicht mehr als „Beispielsweise ist in Wendtorf die Errichtung exklusiver Ferien- und Wasserhäuser durch einen Investor geplant.“
Luxus ist halt relativ. Wenn ich mir das Foto in den KN vor der aufgespülten Sandfläche anschaue, kann ich mir als Laie vorstellen, dass die Erschließung als Baugrund nochmal erhebliche weitere Kosten verursachen wird. Irgendwie logisch, dass da keine Sozialwohnungen entstehen.
Ich hätte eher Bedenken hinsichtlich Küstenerosion. Das ist ja in vielen Teilen der Welt ein Thema. Aber in der flachen und gezeitenarmen Ostsee ist wohl umgekehrt eher Versandung von Häfen ein Thema …
„So hat die landeseigene GMSH den vom Gutachter zunächst ermittelten Wert der Marina Wendtorf ohne nachvollziehbare Begründung halbiert.“ – Was genau war denn die Begründung? Vielleicht möchte der Wähler sich ja gerne selbst eine Meinung dazu bilden, ob er diese für nachvollziehbar hält.
Betreffend die wasserstraßenrechtliche Widmung (die KN sind ja mit der Formulierung „die sogenannte Widmung“ auch echt putzig — als ob eine Widmung für einen bestimmten öffentlichen Zweck irgendetwas völlig Esoterisches wäre …): Betrifft die tatsächlich den freien Zugang für Badegäste etc.? Ich wäre bei einer Widmung nach dem Bundeswasserstraßengesetz eher davon ausgegangen, dass die den Schiffsverkehr und die für den Schiffahrtsbetrieb notwendigen Anlagen umfasst. Ich darf auch nicht auf dem Vorfeld des Lübecker Flughafens eine Technoparty feiern oder auf dem Güterrangierbahnhof Maschen mit meinen Kumpels grillen. Diese Anlagen sind nämlich für einen ganz bestimmten Zweck gewidmet, und zwar für den Luft- bzw. den Eisenbahnverkehr. Ich hoffe doch sehr, dass das Betreten dieser aufgespülten Sandbank im jetzigen Zustand aus polizeilichen Gründen verboten ist.
Nur, weil man einen extrem dünnen Bericht in der Zeitung liest, muss man daraus noch lange keinen noch dünneren parlamentarischen Antrag machen. Man kann sich auch erstmal informieren und selbst denken.
Ich habe jetzt die Antwort der Landesregierung überflogen. Was dort zu wasserstraßenrechtlichen Widmungen und der „Ausgrenzung“ aus Bundeswasserstraßen ausgeführt wird, entspricht dem, was einem eigentlich schon der gesunde Menschenverstand sagt …
Hallo,
ich freue mich über dein Interesse an dem Thema und möchte eine Rückmeldung geben.
Zu der Frage, ob die Marina Wendtorf öffentlich zugänglich bleiben wird, äußern sich diese Pressemitteilung und unser Antrag nicht. Unsere Kritik richtet sich dagegen, dass im Fall einer Privatisierung keine „Sicherung der allgemeinen Zugänglichkeit und Nutzbarkeit“ mehr gegeben ist, weil die Öffentlichkeit keinen Anspruch mehr auf Zugang hat. Unverbindliche Zusagen kann der Privateigentümer jederzeit zurückziehen. Selbst wenn eine vertragliche Vereinbarung erfolgt, gilt diese nur intern, räumt der Öffentlichkeit kein Zutrittsrecht ein und bindet spätere Erwerber nicht. Im konkreten Fall der Marina Wendtorf hat die Privatisierung nach meiner Kenntnis dazu geführt, dass eine öffentliche Demonstration auf dem Gelände (rechtswidrig) untersagt worden ist und dass einzelnen Personen auf der Grundlage des privaten Hausrechts Betretensverbote erteilt worden sind.
Öffentliche Grundstücke dürfen im Rahmen ihrer Zweckbestimmung von jedem genutzt werden. Ein Hafengelände ist daher öffentlich zugänglich, solange dies nicht die Benutzung als Hafen beeinträchtigt. Auch Wasserstraßen und Sandbänke sind in diesem Rahmen öffentlich zugänglich.
Wenn es in der Meldung heißt, die landeseigene GMSH habe den vom Gutachter zunächst ermittelten Wert der Marina Wendtorf ohne nachvollziehbare Begründung halbiert, so ist dafür tatsächlich überhaupt keine Begründung gegeben worden. Der Erstgutachter hatte sein Ergebnis in einem ausführlichen Gutachten begründet, die spätere Änderung ist ohne jede Begründung erfolgt. Aus meiner Sicht muss dieser Vorgang parlamentarisch überprüft werden. Laut Landeshaushaltsordnung muss bei einem Verkauf unter Wert der Finanzausschuss des Landtags rechtzeitig vorher unterrichtet werden, was hier nicht erfolgt ist. Gerade wenn man sich ansieht, zu welchem Preis diese Grundstücke weiterveräußert werden sollen, ist die Werthalbierung im Fall Wendtorf dubios.
Zur Stellungnahme der Landesregierung gibt es noch eine Ergänzung: http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl18/drucks/1500/drucksache-18-1587.pdf
Die wichtigsten Kritikpunkte daran aus meiner Sicht:
1. Die Landesregierung bestreitet ernsthaft, dass eine kommerzielle Nutzung der vom Bund überlassenen Häfen und Ufergrundstücke verboten ist. Dabei heißt es in den Auflagen wörtlich: „Fällt demgegenüber das öffentliche Interesse an den zur Zeit unentgeltlich genutzten Flächen weg bzw. wird aus der Nutzung im öffentlichen Interesse eine kommerzielle Nutzung …, so endet die unentgeltliche Nutzungsbefugnis nach § 1 Abs. 3 WaStrG.“
Die Landesregierung behauptet ernsthaft, auch eine kommerzielle Nutzung liege im öffentlichen Interesse. Das widerspricht aber den Bescheiden, die davon ausgehen, dass eine kommerzielle Nutzung das öffentliche Interesse entfallen lässt. Es ist auch tatsächlich so, dass ein kommerzieller Betrieb zum Profit eines Einzelnen in dessen Privatinteresse und nicht im Gemeininteresse liegt.
2. Die Landesregierung hat beim Weiterverkauf einen groben Fehler gemacht, weil sie den Wortlaut der Bundesauflage nicht in die Kaufverträge übernommen hat. Im Fall Wendtorf fehlt eine Rückforderungsrecht, wenn „aus der Nutzung im öffentlichen Interesse eine kommerzielle Nutzung“ wird. Sollte der Bund die Grundstücke deshalb zurückfordern, weil sie im Privatinteresse genutzt werden, und sollte das Land sie nicht zurückgeben können, könnten hunderttausende von Euro an Schadenersatzforderungen auf die Schleswig-Holsteiner zukommen.
3. Die Landesregierung gibt nicht zu, dass die Errichtung von Eigentumswohnungen zum Zwecke ihrer Veräußerung eine kommerzielle, gewerbliche Bautätigkeit ist. Dabei kann das jedes Finanzamt bestätigen.
Ich hoffe diese Informationen helfen dir weiter.
Es werden zwei Flächen in der Berichterstattung immer wieder vermischt: die um 1972 aufgespülte Fläche mit den vorhandenen Hochhäusern, auf der nach der geplanten Änderung des Bebauungsplans die Ferienanlagen des Investors entstehen sollen, und die Wasserfläche des Hafens, ab 1972 vom Bund gepachtet und jetzt durch Übertragung auf das Land und Verkauf via Gemeinde an den Investor übergegangen.
Beide Flächen sind Gegenstand der geplanten B-Plan Änderung, aber nur die Wasserfläche ist vom Land 2009 an die Gemeinde verkauft worden.
Gemeinde, Investor und auch etwaige zukünftige Eigentümer der Hafenwasserfläche werden in den Kaufverträgen sehr wohl verpflichtet, die Bundesauflagen zu berücksichtigen, die entsprechenden Schreiben sind Bestandteile der Verträge.
Die aufgespülte Fläche gehörte dagegen nicht zu den 2009 verkauften Flächen.
Die Straßen und Wege dieser Fläche wurden von etwa 1980 bis zur Insolvenz 2007 vom damaligen Eigentümer, der Marina Wendtorf KG, abgesperrt. Heute gehören u.a. die Straße am Hafen und die Hafenkante der Gemeinde und sind wieder frei zugänglich. Die IG Marina Wendtorf wendet sich in erster Linie gegen die auf dieser Fläche geplante Bebauung. Mit der Begründung, die aufgespülte Fläche sei immer noch Bundeswasserstraße, fordert sie ein Verbot von B-Planung und weiterer Bebauung. 30 Jahre lang hat das allerdings niemanden interessiert.
Die Untersagung der öffentlichen Demonstration auf dem Gelände ging vom Kreis aus und war laut Urteil rechtswidrig. Die Gemeinde hatte damit nichts zu tun.
In der Begründung des Urteils spielt eine Widmung als Bundeswasserstrasse allerdings keine Rolle.
Fazit: Die Auflagen des Bundes bezüglich der Hafenwasserfläche werden durch die Kaufverträge verbindlich für den jetzigen und alle zukünftigen Eigentümer weitergegeben.
Die aufgespülte Fläche wird nach 30 Jahren durch die Verträge zwischen Gemeinde und Investor endlich durch öffentliche Wege und Straßen erschlossen.
Marina Wendtorf eignet sich daher nicht als Beispiel für den schleichenden Ausverkauf unserer Küsten durch Verkauf oder Schenkung von Landesregierungen.