Patrick Breyer: PIRATEN wollen "Entgeheimdientlichung" des Verfassungsschutzes

Die PIRATEN im Schleswig-Holsteinischen Landtag haben heute einen grundlegenden Umbau des Verfassungsschutzes beantragt.[1] Dieser soll sich künftig auf die Auswertung offener Quellen beschränken und keine geheimdienstlichen Mittel mehr einsetzen dürfen. Gestoppt werden soll die heimliche Überwachung von Post, Telekommunikation und Internet, das heimliche Abhören und Filmen von Personen, der Einsatz von verdeckten Ermittlern, V-Leuten, Gewährspersonen und sonstigen geheimen Informanten durch den Verfassungsschutz.

Der Abgeordnete Patrick Breyer erklärt: „Geheimdienstlicher Verfassungsschutz richtet an unserer Demokratie einen weit größeren Schaden an, als dass er ihrem Schutz dient. Dies zeigen nicht zuletzt die zahlreichen Verfehlungen und Skandale der Verfassungsschutzbehörden in der Geschichte der Bundesrepublik, aktuell im Zusammenhang mit der Gruppierung ‚NSU‘.

Durch bezahlte V-Leute finanzieren die Geheimdienste verfassungsfeindliche Gruppierungen mit. Immer wieder hat der Verfassungsschutz kriminelle V-Leute gedeckt und vor Strafverfolgungsmaßnahmen geschützt. Seit Gründung des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist kaum ein Jahr vergangen, in dem die Medien nicht über skandalträchtige Vorkommnisse bei dieser Behörde oder den Landesämtern berichteten. Diese Skandale sind nicht einfach Fehler, sondern systemimmanent im Wesen eines Geheimdienstes begründet. In Form der verdeckt operierenden Verfassungsschutzämter haben sich 17 Inlandsgeheimdienste entwickelt, die sich quasi verselbständigt haben. Hinzu kommt, dass die Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen verloren haben: Nach einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2011 haben nahezu zwei Drittel (64 Prozent) kaum oder gar kein Vertrauen in den Verfassungsschutz.

Ihrem Anspruch, ein ‚Frühwarnsystem‘ für die Demokratie zu sein, werden die Verfassungsschutzbehörden leider nicht gerecht. Über angeblich verfassungsfeindliche Bestrebungen hat immer wieder zunächst die Wissenschaft oder die Presse berichtet und erst anschließend wurden derartige Bestrebungen Objekt der Beobachtungen der Verfassungsschutzbehörden“, zeigt sich Breyer enttäuscht vom Wirken der ‚Spürnasen‘. „Da die Behörden für Verfassungsschutz ohnehin 90% ihrer Erkenntnisse aus öffentlichen Quellen beziehen, sind die geheimdienstlichen Mittel verzichtbar.“

Die Piratenfraktion ist der Ansicht, dass der Schutz vor Gewalt und Straftaten im Wege verdeckter Ermittlungen der Polizei, der Staatsanwaltschaft und den Gerichten obliegt. Es gibt keine Notwendigkeit, die Arbeit bei politischen Straftaten geheimdienstlich auszugestalten. Das gilt sowohl für den präventiven als auch für den repressiven Bereich. Der Einsatz geheimdienstlicher Mittel durch die Verfassungsschutzbehörden ohne richterliche Anordnung und in Abwesenheit jeder konkreten Gefahr ist ein Fremdkörper in unserer Demokratie und mit den Prinzipien des Rechtsstaates unvereinbar. Deswegen ist der Verfassungsschutz zu ‚entgeheimdienstlichen‘ – wenn er überhaupt fortbestehen soll.

, , , , Kommentar schreiben

Comments are closed here.