Hebammen: Ausbildungsplan ist ethisch und sozial fragwürdig

Die Universität zu Lübeck plant zum kommenden Wintersemester den Studiengang „Hebammenwissenschaft“ einzuführen. Zentraler Bestandteil soll ein Pflichtpraktikum bei einer Hebamme sein. Dazu will die Uni Lübeck auch freiberufliche Hebammen als „freiwillige Kooperationspartnerinnen“ gewinnen. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage der PIRATEN hervor. Unglaublich, aber wahr: Die Hebammen sollen für die Betreuung der Pflichtpraktikantinnen nicht bezahlt werden.

Dazu der sozialpolitische Sprecher der Piratenfraktion, Wolfgang Dudda:

„Die Pläne der Lübecker Uni sind ethisch und sozial fragwürdig. Dass die Landesregierung sie offenbar unterstützt, ist beschämend. Wie schon bei den Praktikanten in der Landesregierung, deren Arbeitskraft ohne Bezahlung ausgebeutet wird, sollen auch freiberufliche Hebammen in eine ‚freiwillige‘ Pflicht genommen werden. Dabei arbeiten schon jetzt viele von ihnen am Rande des Existenzminimums. Das ist im höchsten Maße unanständig und zeigt einmal mehr, wie wenig diese SPD-geführte Landesregierung sich selbst in der Pflicht sieht, wenn es um die von ihr in Sonntagsreden geforderte soziale Gerechtigkeit geht.“

Der hochschulpolitische Sprecher der PIRATEN, Uli König, ergänzt:
„Einen neuen Studiengang einrichten, aber das wichtigste Personal nicht bezahlen wollen: Hier fehlt es im hochschulpolitischen Bereich an jeglicher Sensibilität. Von Weitblick möchte ich gar nicht erst anfangen. Glaubt man dort wirklich, die kostenlose Teilnahme an Seminaren sei ein ernsthafter Anreiz, um unbezahlt zu arbeiten?“

„Natürlich müssen Hebammen für ihre Arbeit als Praxisanleiterinnen vergütet werden, und auch die Kosten für diese Qualifikation müssen übernommen werden“, findet auch Anke Bertram vom Hebammenverband Schleswig-Holstein.

260 Hebammen und Hebammenpraxen gibt es laut Hebammenverband in Schleswig-Holstein. Davon sind viele entweder fest angestellt, in der Hebammenausbildung oder in anderen Qualifizierungsmaßnahmen. Sehr wenige freiberufliche Hebammen arbeiten Vollzeit, viele haben Familie. Zudem sind die meisten nicht dazu qualifiziert, Studentinnen anzulernen.

Dudda: „Wir PIRATEN fordern die Landesregierung und die Universität zu Lübeck auf, die freiberuflichen Hebammen
1. vor der Aufnahme von Praktikantinnen zu Praxisanleiterinnen zu qualifizieren,
2. für die Betreuung und das Anlernen der Praktikantinnen entsprechend zu vergüten,
3. für die Teilnahme an den Koordinationstreffen finanziell zu entschädigen. Zudem setzen wir PIRATEN uns generell für eine faire Bezahlung von Praktikanten ein.“

„Wir fordern die Küstenkoalition auf, sich endlich auch für die Ausbildung von Hebammen stark zu machen. Sonst müssen wir uns nicht wundern, wenn ausgerechnet der Beruf, der für Leben und Nachwuchs steht, ausstirbt“, betont König abschließend.

Antwort auf die Piratenanfrage

Bild: Tim Reckmann / pixelio.de

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