Menschenrecht gegen nationale Interessen durchsetzen

(Es gilt das gesprochene Wort!)
Für mich war die Schweigeminute heute morgen mit der Überlegung verbunden: Warum haben wir das nicht schon 2013 getan, als Hunderte vor Lampedusa ertranken? Warum nicht die Jahre zuvor? Oder anlässlich der inzwischen kaum noch zählbaren tragischen Toten – nicht nur im Mittelmeer. Offenbar weil die Priorität der EU die Flüchtlingsabwehr vor der Rettung stand und noch immer steht.

Und doch habe ich Hoffnung, dass sich nun endlich Menschenrechte gegen nationale Interessen durchsetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Außengrenzen sind zu einem umkämpften Raum der EU-Politik zwischen Grenzkontrollen und Flüchtlingsrechten geworden. Das darf so nicht bleiben! Wir brauchen dringend ein umfassendes Konzept für eine gut ausgestattete und ständige humanitäre Rettungsoperation auf Hoher See. ‚Mare Nostrum‘ kann hier als Vorbild dienen. Wir wollen, dass sich dann aber auch alle europäischen Mitgliedstaaten bekennen und ihren finanziellen Beitrag leisten. Die von Frontex koordinierte ‚Operation Triton‘ ist hierfür völlig ungeeignet, denn ihre originäre Aufgabe ist der Grenzschutz und keine humanitäre.

Menschen, die in Europa Schutz suchen, sind aber keine Feinde, die es abzuwehren gilt. Es gilt sie zu retten – und dann menschenwürdig zu behandeln.

Schätzungsweise 17.000 Menschen – die Dunkelziffer ist weitaus höher, denn keiner hat Interesse, die Opfer zu zählen – haben an den EU-Außengrenzen bisher ihr Leben verloren. Wir müssen das Sterben an den EU-Außengrenzen endlich beenden und legale, gefahrenfreie Wege für Flüchtlinge öffnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir freuen uns darüber, dass wir in den letzten Wochen in verschiedenen Ausschüssen und in unterschiedlichen Anhörungen zum Änderungsantrag der Piratenfraktion „Für eine solidarische Flüchtlings- und Asylpolitik in Schleswig-Holstein, Deutschland und Europa – Asylgesetzgebungen anpassen“ konstruktiv diskutiert haben. Und ich freue mich insbesondere darüber, dass die koalitionstragenden Fraktionen sich mit unseren elementaren Punkten unseres Änderungsantrages einverstanden erklärt haben, und wir nun einen gemeinsamen Antrag hier zur Abstimmung stellen.

Das ist es, was wir brauchen: Gemeinsamkeiten in der Sache. Wir sind zwar ’nur‘ ein Bundesland im Norden Europas. Aber wir können Signale setzen, wir können laut werden und gemeinsam alle uns zur Verfügung stehenden politischen Mittel einsetzen, um dazu beizutragen, dass sich die Katastrophe der Unmenschlichkeit nicht wiederholt.

Wir setzen uns daher für die Erteilung von humanitären Visa ein, damit es den Flüchtenden überhaupt möglich ist, legal in die EU einreisen zu können. Diese könnten sowohl über in sicheren Grenzstaaten eingerichteten EU-Botschaften oder mit den bestehenden Möglichkeiten der Botschaften und Konsulate der Mitgliedsstaaten geprüft und erteilt werden. Dies würde den Schleppern den Nährboden entziehen. Legale Einreise ist die schärfste Waffe gegen Schlepper.

Die Ergebnisse des Rates in Brüssel vom April diesen Jahres machen mich traurig – aber zugleich auch wütend: Die EU als Träger des Friedensnobelpreises ist dabei, ihre letzte Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen. Weil sie die Abschottungspolitik der Europäischen Union zementiert.

Dass nun die Möglichkeit geschaffen worden ist, militärisch gegen Flüchtlingsboote und deren Schleuser vorzugehen, ist nichts anderes als eine Militarisierung der Flüchtlingshilfe.

Wir streiten für ein neues Europa, eines das an einem Strang zieht, wo sich Länder nicht gegeneinander ausspielen und politische Lösungen durch militärische ersetzt werden. ‚Schiffe versenken‘ ist auf jeden Fall kein Mittel, dass den Flüchtenden hilft oder ihren Sorgen, Ängsten und Nöten gerecht wird.

Claude Juncker und die EU Kommission haben die Eckpunkte falsch gesetzt, ihre Bojen retten nicht sondern gefährden Menschenleben. Stärkung von Frontex, Mehrausgaben für das das Grenzüberwachungssysteme EUROSUR! Fatal.Mit der Milliarde Euro für ein System der Totalüberwachung unter einem humanitären Deckmäntelchen könnte man in Europa wesentlich sinnvollere Dinge finanzieren. Nämlich Leben zu retten! Fluchtursachen zu bekämpfen!

Liebe Kollegen, es klingt ja schon fast zynisch, angesichts der aktuellen Flüchtlingskatastrophe über „Quoten“ und „Verteilerschlüssel“ zu reden. Aber wir müssen es. Die Dublin-Verordnung ist gescheitert und sie gehört endlich abgeschafft. Auch hierin sind wir uns mit den koalitionstragenden Fraktionen einig – und an dieser Stelle noch einmal Dank an alle, die im Rahmen der Anhörung des Europaausschusses zu unserem Antrag eindeutig Stellung bezogen haben!

Im Juni finden 2 Gipfel statt – der im Kanzleramt – und der der EU -Staaats- und Regierungschefs. Es ist also entscheidend, ob Kanzlerin Merkel sich weiter in Worthülsen kleidet und Scharfmacher wie De Maizière das Ruder überlässt – oder ob wir ihre Aussage: „Wir werden alles tun, um zu verhindern, dass weitere Opfer im Mittelmeer vor unserer Haustür umkommen auf quälende Art und Weise. Das vereinbart sich nicht mit unseren Werten.“ ernst nehmen können. Sie hat nur noch wenige Tage Zeit, sie umzusetzen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“

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