Bericht zur Delegationsreise des Europaausschusses vom 5. bis 7. November 2013

Grundsätzliche Vorbemerkung: Wie bei allen Wahlen haben auch die bevorstehenden Europawahlen am 25. Mai 2014 ihre Auswirkungen auf die aktuelle Politik. Im Hinblick auf das Europaparlament, aber auch auf die Kommission und den Rat heißt dies, dass alles, was an laufenden Vorhaben im Januar 2014 nicht verabschiedet wird, hängen bleibt. Da alles der Zielsetzung der Strategie „Europa 2020“ folgend aufgebaut ist, werden Projekt, die nicht mehr im Konsens des Trilogs (aus Kommission, Rat und Parlament) vor der EP-Wahl beschlossen werden, erst nach Wahl der neuen Kommission (Herbst 2014) wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden. Grundlage für unsere zahlreichen Gespräche mit Vertretern der Kommission, des Rates und der Vertreter Deutschlands waren die Beschlüsse des letzten Rates vom 24. und 25. Oktober 2013 (http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/de/ec/139223.pdf). In der Hanse Umschau (http://hanse-office.de/index.php?article_id=17&clang=0) werden monatlich aktuelle Entwicklungen mit Bedeutung für Norddeutschland herausgegeben.

Folgende Themen sind Bestandteil dieses Berichts:
1. Der Ausschuss der Regionen (ADR)
2. Gespräch mit Botschafter Tempel
3. Stellensituation im Hanse-Office – Haushaltsbezug LTSH)
4. Haushalt und Finanzrahmen, vorläufige Zahlen
5. EBI – Minderheitenpolitik – Minority Safepack Initiative
6. Flüchtlingspolitik
7. Umweltpolitik: Fracking
8. Meerespolitik
9. Energiepolitik
10. Horizont 2020
11. Europäische Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit
12. Europäische Staatsanwaltschaft
13. EU Infrastruktur – neue Verkehrskorridore
14. Europaweiter Verbraucherschutz

1. Der Ausschuss der Regionen (AdR)1

Der Ausschuss der Regionen wird im kommenden April 20 Jahre alt. Er verkörpert das Europa der Bürgerinnen und Bürger. Nationalstaatliche Interessen der Mitgliedsstaaten – und damit ewige Konkurrenzen – spielen keine Rolle. Der AdR ist ein Frühwarninstrument – wenn es um regionale Fehlentwicklungen geht, soziale, wirtschaftliche Belange. Und er hat es geschafft, zwar bei Rat und Kommission nicht mitbestimmen, aber überall mit am Tisch zu sitzen. Er ist der Ort, an dem über die Weiterentwicklung der EU zu einer echten Bürgerunion nachgedacht wird und neue Ideen zur Vertiefung der europäischen Integration entwickelt werden.

Gesprächsnotizen
Bei einer jüngsten Umfrage über die Sorgen bzw. Interessen der Bürgerinnen und Bürger zeigten sich 61 % besorgt wegen steigender Arbeitslosigkeit und 32 % wegen der wirtschaftlichen Lage in der EU. Seit der EU-Krise 2007 gebe es eine deutliche Kluft zwischen den Gewinnern und den Verlierern der Krise. Zum jetzigen Zeitpunkt gelte es, zu analysieren, ob die Antwort der EU auf die Krise die richtige war. Die Antwort war Zentralisierung – anstatt des Ursprungsgedankens der EU, der Dezentralisierung bzw. Subsidiarität. Als Folge sei heute eine Renationalisierung festzustellen. Das Selbstverständnis des AdR sei dagegen, die Regionen aus den Gefängnissen eines Staates zu befreien. Daher sieht man die Renationalisierung deutlich als Problem. Die in den Regionen liegenden Kompetenzen hätten verstärkt werden müssen, was aber nicht geschehen ist.
Der ESM hat keine Reformen geschafft – er ist eine zentralistische Institution, die die Komplexität der Themen nicht einschätzen kann. Und genau dies haben die Mitgliedstaaten leider auch so gewollt.
Die Auflagen an in die Krise gerutschte Mitgliedstaaten waren zu streng und zu im Hauruckverfahren eingefordert worden. Die daraus resultierenden sozialen Fragen wurden nicht mitgedacht, und auch nicht abgefedert. Derzeit diskutiert der AdR deshalb zwei Möglichkeiten: Sich entweder strikt an seinem Mandat auszurichten, oder aber, und das ist aus meiner Sicht der bessere Weg, sich in die aktuelle EU-Diskussion einzumischen und Fehlentscheidungen der letzten Jahre zu benennen.
So habe man z.B. ein starkes Controlling bei jenen Ländern durchgeführt, die Mittel aus dem ESM bekommen haben. Aber es gibt bis heute kein Controlling bei den Gewinnern der Krise, den Überschussländern – also vor allem Deutschland. Man hat von den Krisenländern eine Anpassungspolitik in einem Tempo gefordert, die ein Nationalstaat gar nicht leisten kann ohne die Last auf die Bürger abzuwälzen.

Man müsse auch der Tatsache der zukünftigen Entwicklung in die Augen schauen. Es ist klar, das sich der derzeitige Wohlstand z. B. In Deutschland in den nächsten Jahren um 20% verringern wird. China wird die USA in absehbarer Zeit auf dem Weltmarkt ablösen. Die EU hat ein riesiges Problem mit steigender Jugendarbeitslosigkeit. Es wäre dringend erforderlich, sich darauf zu einigen, dass es dafür nur europäische gemeinsame Lösungen geben kann. Doch statt nationale Souveränität an die EU abzugeben, um Lösungsansätze zu erarbeiten, gibt es eine steigende Subsidiaritätskontrolle. Dies, gepaart mit der Renationalisierung in den Mitgliedsstaaten, sei eine brisante Mischung. Euroskeptiker gehen überall gestärkt hervor.

2. Botschafter Tempel

gab einen allgemeinen Überblick über laufende Verhandlungen, ohne konkret zu werden. Als Deutscher Botschafter hat er im Moment die Interessen der Bundesregierung (alt) aber unter Berücksichtigung der laufenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD – auf EU Ebene bei laufenden Verhandlungen in allen Politikbereichen – zu vertreten. Themen waren u.a. der Gipfel in Vilnius Jan 2013, Annäherung der EU an Georgien und Ukraine, Einschätzung, ob UK tatsächlich EU Mitgliedschaft in Frage stellt und welche Folgen das hätte für die EU sowie die Notwendigkeit der stärkeren Subsidi­aritäts­prüfung in der Zukunft.

3. Stellensituation Hanse-Office

Die vor einem Jahr vom TSH beschlossene Stelle für das HO ist noch nicht besetzt, da Hamburg nicht wie erhofft, die Kosten für die 2. halbe Stelle bezahlt.

4. Haushalt und Finanzrahmen – vorläufige Zahlen

1. Energieinfrastruktur: Integration der erneuerbaren Energien (EE) ins europäische Netz – dafür 5-6 Mrd für den nächsten Förderzeitraum 2014 bis 2020, entsprechend der Mitteilung der Kommission vom 5.11., weg von Einspeisevergütungen hin zu Prämien.
2. Meerespolitik, Blaues Wachstum, MARE, Fischerei
3. Bildung Kultur: 13 Mrd. , davon für Jugendaustausch 80 % und Bildung 10 % und für Kultur 1,4 Mrd. Die Beihilfe zur Kultur hat Schwellen, die zu hohe Anforderungen für SH stellen – hier auch Filmförderung.
4. Umwelt: aktuelle Diskussion zu einem Verbot von Plastiktüten – in Europa wurden im vergangenen Jahr 100 Mrd. Tüten verbraucht. Im 9. Nachtragshaushalt wurde der Solifonds für die Flutopfer freigegeben.
5. HORIZON 2020 – Innovation, siehe Patricks Zettel.
6. Flüchtlingspolitik: Dublin III wurde beschlossen, ebenfalls EUROSUR (zusätzliche Überwachung für 244 Millionen). Lampedusa hat nichts geändert an der grundsätzlichen Abschottungs- und Eskalationspolitik.
7. Leistungsreserve: Es gibt Streit um die Leistungsreserve in Höhe von 9 %. Rat und Kommission wollen sie bis 2019 zurückhalten und dann nur an die Projekte und Regionen ausschütten, die bis dahin erfolgreich sind. Problem außerdem: Wenn sich Parlament und Kommission nicht im November auf Haushalt einigen, dann kann es (auch in SH) passieren, dass Anfang 2014 für wichtige Projekte kein Geld zur Verführung steht.

5. Europäische Minderheitenpolitik, Minority Safepack Initiative2

Die Initiative der FUEV3 wurde von der Kommission aus politischen Gründen zurückgewiesen. Hanse-Office u.a. haben FUEV in ihrem Bestreben für EBI4 für Minderheiten unterstützt. Es wäre das erste EBI zu Minderheiten, hier insbesondere auch der größten Minderheit der Roma. Man sei bei deren Besuch in Brüssel vor 2 Wochen nach vielen Gesprächen zu dem Ergebnis gekommen, dass es keinen Sinn macht, die Ablehnung der Kommission juristisch beim EUGH anzufechten. Vielmehr komme es darauf an, jetzt innerhalb der EU-Staaten um Unterstützung zu werben. Am besten wäre es, wenn sich eine EU-Ratspräsidentschaft dafür einsetzen würde. Angesichts der Tatsache, dass Griechenland im Januar 2014 die Ratspräsidentschaft stellt, ist allerdings wegen deren Verständnis von Minderheiten (Ablehnung) nicht mit einer schnellen Lösung zu rechnen.
Der LTSH hat im September die Unterstützung der EBI beschlossen. Aktuelle Situation hierzu auf TO des Gremiums für Fragen der Minderheiten Sinti und Roma am 4.12.2013. Weitere Schritte: Treffen mit FUEV.

6. Flüchtlingspolitik

Trotz Lampedusa ist eine Verschärfung der Abschottung der Außengrenzen durch Dublin III und EUROSUR5 zu konstatieren. Außerdem berät die Kommission gerade über einen Entwurf zu FRONTEX. Sie sollen noch mehr Mittel und auch den klaren Auftrag haben, die Boote zur Rückkehr zu bringen.6 Dublin III wurde im Juni 2013 mit Zustimmung des EP beschlossen.7 Es ist auch nicht zu erwarten, dass die Agentur FRONTEX zukünftig einer parlamentarischen Kontrolle unterstellt wird.8
Erfrischen ehrlich war die politisch rechte Positionierung der BMI Vertreterin. Dublin und EUROSUR sowie FRONTEX seien wichtige, gute Elemente, FRONTEX und EUROSUR hätten zigtausende Menschen gerettet. Entscheidend sei die Bekämpfung von Schleppern. Dies schicken Boote mit Flüchtlingen und einem Sattelitentelefon los. Damit die Flüchtlinge den Notruf absetzen können, wenn das Boot untergeht. Neues Instrument ist die „Mediterranean Task Force“ unter Leitung der Kommission. Außerdem habe man Italien mehr Mittel zur Verfügung gestellt, damit sie die Aufnahmelager besser ausstatten können.
BMI begrüßte ausdrücklich die Zustimmung des EP zur Aussetzungklausel für die Visafreiheit, um Armutsflucht innerhalb Europas zurückzudrängen.9
Der 2009 verabschiedete EU-Visakodex soll erweitert werden. Zum Vorschlag der Kommission zu „smart borders“ habe die Bundesregierung noch keine endgültige Position (Bestandteil der Koa-Verhandlungen). Der BMI setze sich grundsätzlich für die Erfassung biometrischer Daten ein. Smart Borders sieht vor, dass an Europas Außengrenzen die Fingerabdrücke von Ausländern erfasst werden. Das EP sieht dies kritisch – wegen der Kosten – und wegen einer möglichen Datenweitergabe an die USA. Zur Diskussion stehe außerdem eine Entsenderichtlinie innerhalb Europas. Die Klagen des Deutschen Städtebundes, die „Armutsflüchtlinge“ und Roma wären eine zunehmende Belastung, würden ernste genommen.10 Die Kommission wird bis Dezember 2013 Bericht abgeben. Außerdem: Legale Einwanderung aus Drittstaaten – siehe EU-Richtlinie ICT aus dem Jahr 2012.

7. Umweltpolitik

Fracking
Am 9. Oktober hat das EP in erster Lesung über die Neu­auflage der RL zur Umweltverträglichkeits­prüfung (UVP-RL) abgestimmt.11 Die UVP-RL legt Prüfkriterien für die Geneh­migung öffentlicher oder privater Projekte fest, die mög­licherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt ha­ben.
Nach 25 Jahren ihrer Anwendung soll die UVP-RL nun grundlegend novelliert werden. Die KOM hatte im Okto­ber letzten Jahres ihren Vorschlag vorgelegt, durch den die RL vereinfacht und neue Themen wie z. B. Ressourceneffizienz, Klimawandel, Biodiversität und Katastro­phenvorsorge berücksichtigt werden sollen. In dem mit knapper Mehrheit angenommenen Bericht sprachen sich die Abgeordneten des EP nunmehr u. a. aus für die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf globale Umweltfaktoren wie z. B. Luft und Klima oder auf „urba­ne historische Stätten“;
die Ausweitung der Vorgaben zur Vorprüfung und de­ren Veröffentlichung, wenn der MS dies für erforderlich hält;
die Berücksichtigung aller betroffenen MS in den öffent­lichen Konsultationsprozessen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Projekten der Fazilität „Connec-ting Europe“;
Vorkehrungen zur Vermeidung von Interessenskonflikten zwischen Auftraggebern und Experten, die mit der Durchführung der Studien beauftragt werden.

UVP für jedes Fracking-Projekt
Für jedes Projekt zur unkonventionellen Förderung von Öl und Gas (sog. Fracking), einschließlich Erkundungs- und Förderphase, soll künftig eine UVP verpflichtend werden. Die bisher existierende Regelung umfasst den Abbau von Naturgas ab einer Größenordnung von geschätzten 500.000 m3 pro Tag. Künftig soll nun auch die unkonventi­onelle Förderung von Gas und Öl erfasst werden, bei der es häufig um geringere Volumina geht. Darüber hinaus müssten vor einer Genehmigung bestimmte Prüfverfahren (Screening) und die Beteiligung der Bürger am Verfahren sichergestellt werden. Die UVP-RL soll Ende 2013 oder Anfang 2014 verabschiedet werden.
Fracking sei innerhalb der EU sehr umstritten. Der aktuelle US Boom habe Auswirkungen. Bezüglich Deutschland sei klar, dass es eine sehr kurzfristige endliche Ressource wäre. Frankreich hat sich grundlegend ablehnend positioniert und mit einem Moratorium jedes Fracking im eigenen Land ausgeschlossen. Polen dagegen ist der Überzeugung, durch Fracking nicht nur Energie günstig zu erzeugen, sondern auch den Arbeitsmarkt anzukurbeln. Es dürfte also spannend werden, ob die UVP – siehe oben – durchkommen.

8. Meerespolitik, Blaues Wachstum, Ostseeregion, MARE

Auch dieser Bereich hängt mit Horizont2020 zusammen. Im Mai 2014 findet der europäische Tag der Meere in Bremen statt. Überregionale Zusammen­arbeit der norddeutschen Länder ist erwünscht. Im Hinblick auf die nächste PSO Tagung in Kaliningrad (Mai 2014) könnte die Ostseestrategie ebenfalls ein Thema sein.
Blaues Wachstum – Wirtschaft, Nachhaltigkeitsprinzip, von SH unterstützt. Es gibt den Maritimen Aktionsplan SH. ER wurde am 30.05.13 durch Ministerin Sporendonk in Brüssel vorgestellt.
MARE – Es geht um 5 Sektoren: Offshore, Aquakultur, blaue Biotechnologie, Meeresbodenressourcen, Küsten und Meerestourismus. Wichtig aus Sicht der Piraten ist auch, dass es um die Erfassung Maritimer Daten geht, und darum, Überwachungssysteme auf dem Meer zukünftig miteinander zu verbinden.
Im Rahmen Natura 2000 ist im Bereich der Senkung der Schadstoff–emissionssenkung die Ostsee technologisch an der Weltspitze. Die INTERREG Mittel für transationaler Zusammenarbeit erfordern mehr Koopera­tion bezüglich grenzübergreifender Projekte der Ostseeanrainer­staaten.

9. Energiepolitik:

Die Kommission hat am 27.03.2013 das „Grünbuch“ als Rahmen für die Klima-und Energiepolitik 2030 „vorgelegt.12 Das Konsultationsverfahren lief bis Juli 2013.13 Auf meine Frage, ob Power to Gas eine Förderung der EU bekomme, sagte unser Gesprächspartner, nein, diese Technologie verbraucht selbst zu viel Energie. Die Frage der Speicherung falle unter Horizont2020 und Connecting Europe. Dort sind Förderungen von Speicherung vorgesehen.
AKW: die Nuclear safety directive, die Gelder für die Sicherheit von Atomkraftwerken in Ländern, die an die EU angrenzen, bereitstellt, dürfte ansteigen, da viele AKW nachgebessert werden müssen auf Stresstestniveau. Noch sei keine Entscheidung getroffen.

EEG Umlage: Deutschland ist das einzige Mitgliedsland der EU, das massiv Industrieprivilegien beschlossen hat. Die EU sieht hierin eine Wettbewerbsverzerrung und prüft, gegen Deutschland ein Verfahren einzuleiten. Der Bundesregierung ist das klar, im Rahmen der KOA Verhandlungen wird über die Reduzierung oder Abschaffung der Ausnahmen gesprochen. Altmaier und Kraft waren zeitgleich in Brüssel, um Gespräche zu führen. Die Welt titelte „Deutscher Industrie droht Super Gau aus Brüssel“

5,9 Mrd. für die Energieinfrastruktur:
Die Kommission hat am 14. Oktober die erste europaweite Liste mit insgesamt 248 Vorhaben „von gemeinsamen Interes­se“ (Projects of Common Interest – PCI) im Energiebereich vorgelegt. Diese PCI sollen einen Beitrag zur besseren grenzüberschreitenden Vernetzung der nationalen Strom-und Gasnetze und zur Diversifizierung der Einspeisung aus verschiedenen Energiequellen leisten. Von den 248 PCI entfallen ca. 140 Projekte auf Stromnetze, ca. 100 auf Gasnetze, 13 auf Stromspeicher und der Rest auf Gasspei­cher, LNG-Terminals und intelligente Netze. Die Liste um­fasst nicht nur Vorhaben in den MS, sondern auch in Kan­didatenländern und Drittstaaten, wie z. B. der Türkei, Israel und Georgien. Drei PCI betreffen Hamburg und Schleswig-Holstein. Italien ist mit den meisten PCI (22) auf der Liste vertreten, in Deutschland sind es 19 PCI. Einer der sogenannten Priori­tätskorridore betrifft den Ausbau des Offshore-Stromnetzes in den nördlichen Meeren. Vor diesem Hintergrund sind auch die drei geplanten Stromleitungen
Endrup (Dänemark) – Niebüll – Brunsbüttel
Kassø (Dänemark) – Audorf – Hamburg/Nord – Dollern
Wilster – Tonstad (Norwegen)
auf der Liste vertreten. Die Kommisson rechnet mit 5,9 Mrd. € zur Unterstützung für die Energieinfrastruktur.
Die PCI-Liste gilt als Voraussetzung für eine finanzielle För­derung aus Mitteln der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF); allerdings bedeutet dies nicht, dass all diese PCI Anspruch auf Förderung haben. Ab 2014 können Mittel aus der CEF beantragt werden. Die KOM gibt die Höhe der 2014 – 2020 für CEF zur Verfügung stehenden Mittel mit 5,9 Mrd. € an.
Die PCI-Liste soll alle zwei Jahre aktualisiert werden, es können also weiter neue Projekte vorgeschlagen werden.

10. HORIZONT 2020:

Das neue Rahmenprogramm für Forschung und Innovation 2014 bis 2020 ist eine gesellschaftliche Herausforderung, deckt alle wesentlichen Politikbereiche ab.14 Besteht im wesentlichen aus 3 Säulen:
Energieeffizienz,
Integrieren des Mittelstandes (Hürden für Antragstellung derzeit zu hoch)
Forschung und Innovation (Forum ESRIF, s.u.)
PPP im Forschungsbereich für gemeinsame Industrie-Initiative geplant. Rat entschiedet über die Mittel der nächsten 7 Jahre. Interessante Punkte für SH: Biomasse, Rohstoffgewinnung zukünftig nicht mehr mit ölbasierten Stoffen, Forschung Blue Growth – Küstenländer müssen sich besser strukturieren und und verzahnen, um dort eine Rolle zu spielen, Meeresforschung und Meeres­tiefen­forschung ist der Markt von morgen, gerade bei der Tiefsee­forschung – auch militärischer Nutzen. Siehe Vermerk Technikfolge­abschätzung, ethische Grenzen, Erweiterung der Entscheidungs­gremien um zivilgesellschaftliche. Akteure.

Ein spannendes Feld, das wir Piraten aber auch kritisch sehen. Nicht nur im Hinblick auf die PPP, sondern wir wollen die Sicherheitsforschung demokratisieren. Ein Programmantrag dazu von Patrick Breyer für den BPT im November zielt z.B. darauf ab, in beratenden Gremien wie dem „Europäischen Forum für Sicherheitsforschung und Innovation“ (ESRIF) zivil­gesell­schaftliche Akteure zu beteiligen. Von unserem Gesprächspartner wurde dies ausdrücklich begrüßt. Er sieht das als notwendig, um aus dem Turm der Eliten wirklich für die Gesellschaft relevante Projekte für Innovation und Forschung zu definieren. Also statt Elfenbeinturm z.b. auch Vertreter der Geisteswissenschaften mit einzubeziehen.

11. Euro Initiative zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit

23 % der Jugendlichen in der EU sind arbeitslos. Es gibt ein Programm, dass zur Zeit in der Diskussion ist, um dieses europaweit zu verändern: YGIP. 6 Mrd. sollen dafür zur Verfügung gestellt werden, da die Sorge der Spaltung Europas besteht. Hierzu gehören Projekte wie die „Jugend­beschäf­tigungs­garantie“ und vieles andere.15

12. Europäische Staatsanwaltschaft

Ein umstrittenes Projekt. Es bestehen Subsidiaritätsbedenken. Mehr dazu aus dem Hanse-Bericht:

Am 17. Juli legte die KOM einen VO-Vorschlag für die Einrichtung einer Europäischen (Finanz-)Staatsanwalt­schaft vor. Nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der EU (AEUV) soll diese Staatsanwaltschaft für die Untersu­chung, Verfolgung und Anklageerhebung bei Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU zuständig sein (Art. 86). Der Rat beschließt über diesen Vorschlag einstimmig nach Zustimmung des EP. Kann im Rat keine Einstimmigkeit erzielt werden, wovon zur Zeit auszugehen ist, da Dänemark, das Vereinigte Königreich und Irland sich nicht an der Europäischen Staatsanwaltschaft beteili­gen wollen, kann eine Gruppe von mindestens neun MS das Verfahren einer Verstärkten Zusammenarbeit auf der Grundlage des VO-Vorschlags beginnen.

Struktur und Hintergrund der Europäischen Staatsanwaltschaft
Die Europäische Staatsanwaltschaft soll eine dezentrale Struktur erhalten und in die nationalen Rechtssysteme integriert werden. Es soll auf europäischer Ebene lediglich ein Kollegium von zehn Mitgliedern, bestehend aus dem Europäischen Staatsanwalt, vier Stellvertretern und fünf abgeordneten Staatsanwälten, gebildet werden, das die Koordinierung übernimmt und darüber entscheidet, ob Ermittlungen aufgenommen werden und wie ein Verfah­ren abgeschlossen wird. Die Durchführung der Ermittlun­gen und ggf. die Vertretung der Anklage sollen sodann nationalen Staatsanwälten obliegen, die im Rahmen ihres innerstaatlichen Prozessrechts und unter Beachtung von EU-weiten Mindestverfahrensregeln – im Wege der Organ­leihe oder durch Zuweisung als „Europäische Staatsanwäl­te“ (sog. Doppelhutmodell) – handeln. Die Erhebung der Anklage sowie die Verhandlung würden dann vor den nationalen Gerichten stattfinden.
Beweggrund für die Vorschläge ist u. a. das derzeit sehr uneinheitliche Schutz- und Durchsetzungsniveau innerhalb der EU bei der Bekämpfung von EU-Finanzbetrug. Die Quote erfolgreicher Strafverfolgungsmaßnahmen bei ent­sprechenden Straftaten reicht von 0 % bis 100 %. Der EU-Durchschnitt beläuft sich auf 42,3 %. In den letzten drei Jahren belief sich der Verlust, den die EU bei den Ausga­ben und Einnahmen aufgrund von mutmaßlichem Betrug erlitten hat, auf jährlich durchschnittlich etwa 500 Mio. €. Der Vorschlag soll auch den wirksamen Schutz von Ver­fahrensrechten für Personen, die von den Ermittlungen betroffen sind, gewährleisten. Zu diesen Verfahrensrech­ten gehören das Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzungen, das Recht auf Belehrung und auf Akten­einsicht sowie das Recht auf Rechtsbeistand im Fall einer Verhaftung. Auch das Recht auf Aussageverweigerung und die Unschuldsvermutung, das Recht auf Prozesskostenhilfe und das Recht, Beweismittel vorzulegen und Zeu­gen zu benennen, sollen gewährleistet werden.

Umstrittene Punkte
Noch im Einzelnen zu klären sind offene Fragen vor dem Hintergrund des sehr weiten Ermessensspielraums der Eu­ropäischen Staatsanwaltschaft und den erheblichen Sou­veränitätseinbußen für die MS in dem für sie besonders sensiblen Bereich der strafrechtlichen Verfolgung. Beden­ken bestehen etwa hinsichtlich der Regelung zur Zulassung von Beweisen, die auf das jeweilige nationale Verfahrens­recht abstellt, mit der Folge, dass potentiell 28 unter­schiedliche Rechtsordnungen angewendet werden müss­ten. Hier wird der Ruf nach einem gemeinsamen Mindest­standard an prozeduralen Regelungen für die Ermittlungs­phase auf EU-Ebene laut. Dies sollte jedoch nicht durch die Hintertür der Regelungen zu einem Europäischen Staatsanwalt erfolgen, sondern in einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren. Umstritten ist derzeit weiter auch noch die Weisungsbefugnis der Europäischen Staatsanwaltschaft gegenüber nationalen Staatsanwalt­schaften. Noch zu diskutieren sein wird die Frage, vor wel­chem Gericht welche Entscheidung angefochten werden kann. Gemäß dem KOM-Vorschlag soll die Entscheidung der Europäischen Staatsanwaltschaft zur Anklageerhe­bung sowie zu einer Einstellung allein vor nationalen Ge­richten anfechtbar sein und nicht vor dem EuGH. Hier drängt sich die Frage auf, ob nicht zumindest in dem Fall der Einstellung die Anfechtungsmöglichkeit vor dem EuGH, insbesondere für einen Mitbewerber, gegeben sein müsste. Noch nicht geregelt ist, bei welcher Stelle die eventuell erheblichen gerichtlichen Verfahrenskosten und die Vollstreckungskosten verbleiben.

Verfahrensstand
Die nationalen Parlamente hatten bis zum 28. Oktober 2013 Zeit, begründete Stellungnahmen zum VO-Vorschlag abzugeben (Subsidiaritätsprüfung). Nachdem zuletzt auch die slowenische Nationalversammlung eine begründete Stellungnahme verabschiedet hatte, ist das in Art. 7 Absatz 2 Satz 2 Protokoll Nr. 2 Vertrag von Lissabon vorgesehene Quorum von einem 1/4 der Gesamtzahl der den nationalen Parlamenten zugewiesenen Stimmen (ent­spricht 14 Stimmen) erreicht worden.
Nach Erreichen des Schwellenwertes muss die KOM den VO-Vorschlag überprüfen und danach entscheiden, ob sie an dem Entwurf festhalten, ihn ändern oder zurückzie­hen wird. Diese Entscheidung wird vom Kollegium der Kommissare getroffen. Beschließt die KOM, an dem Vor­schlag festzuhalten, muss sie in einer begründeten Stel­lungnahme darlegen, weshalb der Vorschlag ihres Erach­tens mit dem Subsidiaritätsprinzip in Einklang steht.
In seiner Stellungnahme vom 11. Oktober 2013 erklärte der Bundesrat seine grundsätzliche Unterstützung des Vor­schlags zur Errichtung einer Europäischen Staatsanwalt­schaft. Er wies allerdings darauf hin, dass der besondere Nutzen der Europäischen Staatsanwaltschaft nur dann zum Tragen käme, wenn sich die Zuständigkeit nicht nur im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit auf einige MS beschränkte, sondern auf alle MS gleichermaßen er­streckte. Andernfalls könnte der damit verbundene emp­findliche Eingriff in die nationale Souveränität eine Verlet­zung des Subsidiaritätsgrundsatzes zur Folge haben. Auch würde dies dann auch deutlich höhere Kosten zur Folge haben, da die bisherigen Strukturen (insbesondere OLAF) in einem gewissen Umfang aufrechterhalten bleiben müss­ten.
Es dürfte daher spannend bleiben, ob die Europäische Staatsanwaltschaft noch in dieser Legislaturperiode eingerichtet werden kann.

13. EU Infrastruktur: Neue Verkehrskorridore

Für die nächste Förderperiode werden 26 Mrd zur Verfügung gestellt. Auch Norddeutschland ist davon betroffen: Drei der neuen Korridore verlaufen durch Norddeutschland:

Der Nord-Ostsee-Korridor verbindet die Häfen der östli­chen Ostsee mit den Häfen der Nordsee. Der Korridor umfasst größtenteils moderne Straßen- und Schienenver­kehrsverbindungen zwischen den drei baltischen Staaten einerseits sowie Polen, Deutschland, den Niederlanden und Belgien andererseits.

Der Korridor Skandinavien-Mittelmeer quert die Ostsee zwischen Finnland und Schweden, verläuft weiter durch Deutschland, über die Alpen und erstreckt sich bis Italien. Damit verbindet er die großen skandinavischen Ballungs­zentren und Häfen mit Norddeutschland. Der Korridor setzt sich entlang der großen Produktionsstandorte in Süd­deutschland, Österreich und Norditalien fort, die er so mit den italienischen Häfen und Valletta verbindet. Die wich­tigsten Vorhaben dieses Korridors sind die feste Fehmarnbelt-Querung und der Brenner-Basistunnel, einschließlich ihrer Zubringer.

Der Korridor Orient – östliches Mittelmeer verbindet ma­ritime Schnittstellen der Nord- und Ostsee, des Schwarzen Meers und des Mittelmeers und optimiert so die Auslastung der betreffenden Häfen und der entsprechenden Meeresautobahnen. Er umfasst die Elbe als Binnenwasserstraße und verbessert damit die Anbindungen zwischen Nord­deutschland, der Tschechischen Republik, dem Karpa­tenbecken und Südosteuropa. Über das Mittelmeer hin­weg erstreckt sich dieser Korridor von Griechenland bis nach Zypern.

14. Europaweiter Verbraucherschutz

Die KOM hat am 11. Oktober eine Konsultation zu grenz­überschreitendem Verbraucherschutz gestartet. Das Ziel der Konsultation ist eine wirksame Zusammenarbeit der Verbraucher­schutz­behörden, um den EU-Bürgern – unab­hängig davon, wo und wie sie einkaufen – die gleichen Rechte zu gewährleisten.

Konkrete Fragen der Konsultation
Mithilfe der Konsultation, die noch bis zum 31. Januar 2014 läuft, möchte die KOM Antworten auf folgende Fragen finden:
Welche Untersuchungs- und Interventionsinstrumente brauchen die nationalen Stellen, um bei grenzüber­schreitenden Verletzungen des Verbraucherrechts ef­fektiver zusammen­arbeiten zu können?
Welche Sanktionen müssen eingeführt werden, damit rechtswidrige Praktiken besser verhindert werden kön­nen?
Wie können die mit der Rechtsdurchsetzung betrauten Stellen effizienter handeln und für eine konsequentere Durchsetzung des Verbraucherrechts im Kampf gegen Missbräuche sorgen?

Die Ergebnisse der Konsultation sollen in den laufenden Arbeiten an der Verbesserung des europaweiten Netz­werks der nationalen Verbraucherschutzbehörden einflie­ßen. Dieses europäische Netzwerk ist ein wichtiges Instru­ment, um zu gewährleisten, dass die Menschen in allen EU-Staaten bei ihren Einkäufen über die gleichen Rechte verfügen

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