Die Piratenfraktionen aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen haben heute ihre erste gemeinsame Fraktionssitzung abgehalten. 16 Abgeordnete haben Erfahrungen aus ihrer Parlamentsarbeit ausgetauscht und einen gemeinsamen Kurs bei Themen wie dem Transparenzgesetz und dem Digitalen Kompass beschlossen.
Dazu der Fraktionsvorsitzende der schleswig-holsteinischen Piratenfraktion, Dr. Patrick Breyer:
„Wir Piraten ziehen an einem Strang – sei es bei dem Ziel eines transparenten Staates, bei der Gestaltung der Digitalen Revolution oder dem Weg zu einer offenen Bundespräsidentenwahl. Diese Ziele machen nicht an Ländergrenzen Halt. Ganz konkret wollen wir beispielsweise erreichen, dass die Bürger bei der Suche nach Kandidaten zum Bundespräsidentenamt Vorschläge machen und Fragen stellen können – so kann ein echter Bürgerpräsident gekürt werden.“
Der Fraktionsvorsitzende der Piratenfraktion NRW, Michele Marsching, ergänzt:
„Wir haben in der ersten dezentralen Fraktionssitzung einer Landtagsfraktion in Deutschland getagt. Neben diesem technischen Novum haben wir uns insbesondere auf ein gemeinsames Vorgehen bei der Vorbereitung der Bundespräsidentenwahl verständigt.
Der Digitale Kompass ist geeignet in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen auch über die jetzige Legislaturperiode zu wirken. Der ständige Austausch zwischen den Fraktionen und die weiter fortgeführte Beteiligung aller Bürger helfen, unsere Vorschläge noch weiter zu verbessern. Der jetzt vorgestellte erste 10-Punkte-Plan stellt aber bereits einen bemerkenswerten Zwischenschritt dar.“
Angereist sind die NRWler bereits am Vorabend, in gemütlicher Runde wurde der Anker erstmal in der Kieler Kneipenszene ausgeworfen. Allzu lange durfte hier allerdings nicht getagt werden, denn neben den Beratungen der Arbeitskreise und der gemeinsamen Fraktionssitzung stand am heutigen Dienstag auch ein Besuch beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein auf dem Programm. Mit frischen Ideen und dem festen Plan künftig noch enger zusammenzuarbeiten, geht es für die Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen gegen Abend wieder auf die Heimreise. Die Piratenfraktion Schleswig-Holstein sagt „Danke!“ und „Jederzeit wieder!“
Hier das ausgearbeitete Papier:
Mit Transparenz und digitalem Weitblick auf Kurs
1. Einführung eines Transparenz-Registers
Alle offen zu legenden Informationen sollen in ein für jedermann zugängliches Online-Register eingestellt werden.
2. Auch Kommunen und kommunale Körperschaften sollen zur Transparenz verpflichtet sein
Auf kommunaler Ebene werden viele Entscheidungen getroffen, die Bürger direkt betreffen. Mehr Transparenz auf dieser Ebene erleichtert es den Bürgerinnen und Bürgern, Entscheidungen der Politiker nachvollziehen zu können.
3. Von der öffentlichen Hand beherrschte Unternehmen sollen einbezogen werden
Wer durch öffentliche Gelder finanziert wird, muss Transparenz schaffen. Bürgerinnen und Bürger haben auch auf der unteren Verwaltungsebene einen Anspruch auf Informationen.
4. Die Offenlegungspflicht von Informationen soll zur Regel und Ausschlusskriterien zur Ausnahme werden
Die derzeitige Gesetzgebung schreibt Kriterien vor, welche Veröffentlichungen ermöglicht werden müssen, und welche unterbleiben dürfen. Ein „echtes“ Transparenzgesetz soll die Veröffentlichung von Informationen zur Grundregel machen und nur wenige Ausnahmen (zum Beispiel wegen Datenschutz) haben.
5. Der Bürger soll bei den Kosten für Rechtsstreitigkeiten unterstützt werden
Auskunftspflichtige Stellen verstecken sich häufig hinter hohen Kostenbescheiden. Plattformen wie „Frag den Staat“ zeigen, dass das Auskunftsrecht häufig noch gerichtlich durchgesetzt werden muss. Diese Kostenbelastung ist nicht für jeden tragbar.
6. Das Verfahren ist bürgerfreundlicher auszugestalten
Information ist ein Bürgerrecht, Antragsverfahren müssen einfach und verständlich sein. Zudem muss es Schutzmechanismen zugunsten des Bürgers geben.
7. Löschpflicht für Rundfunk-Mediatheken abschaffen
Radio- und Fernsehbeiträge des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werden durch Gebührengelder finanziert. Die Gesellschaft hat einen Anspruch auf den dauerhaften Abruf zumindest der Eigenproduktionen in den Mediatheken.
8. Pilotprojekt für digitale Rathäuser starten
In der Verwaltung werden die neuen Möglichkeiten des eGovernment bis heute kaum genutzt. Die Bürgerinnen und Bürger benötigen für die meisten Anliegen noch immer einen Vorort-Termin, bei dem sie auch schon mal Stunden auf ein fünf Minuten Gespräch warten. Durch digitale Alternativen können dem Bürger und der Verwaltung viel Zeit und Arbeit erspart werden.
9. Recht auf elektronische und verschlüsselte Kommunikation mit Behörden
Auch im 21. Jahrhundert ist es in vielen Fällen nicht möglich mit Behörden digital zu kommunizieren. Dies nötigt Bürgerinnen und Bürger dazu, Schriftverkehr per Post zu erledigen: Ein unnötiges, langsames und kostenintensives Verfahren. Behörden müssen auch digital und verschlüsselt über offene und etablierte Standards erreichbar sein.
10. Flächendeckend Mängelmelder für ortsbezogene Hinweise einrichten
Einige Bundesländer wie Brandenburg machen es vor: Die Möglichkeit Schlaglöcher, beschädigte Schilder oder sonstige Mängel an öffentlicher Infrastruktur zu melden. Hier müssen Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen nachziehen und einheitliche Mängelmelder einrichten. Die Meldungen sollen öffentlich zugänglich und kommentierbar sein. Die Träger gewinnen so die Möglichkeit, auf Mängel schnell und flexibel zu reagieren, ohne auf die nächste Kontrollfahrt zu warten.
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