Rede von Wolfgang Dudda zu den Folgen aus dem Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung für den UKSH-Neubau

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich danke Ihnen für Ihre Rede. Die war nämlich inhaltsstärker- und reicher als Ihr Bericht. Mit Ihrem Bericht, dem Auftrag des Landtages aus Oktober folgend, umfassend und mit voller Transparenz die Öffentlichkeit über die Folgen aus dem Reformgesetz über die Krankenhausstrukturen für den UKSH-Neubau und das ÖPP-Projekt herzustellen, haben Sie auf zwölf Seiten nicht Genüge getan. Da war Ihre Rede jetzt tatsächlich ein bisschen klarer und auch deutlicher. Zwölf kleine Seiten zur Beleuchtung des, wie der Ministerpräsident gestern schon gesagt hat, „größten Bauprojekts, das das Land Schleswig-Holstein jemals durchgeführt hat“, sind bemerkenswert wenig.

Noch bemerkenswerter ist aber für mich, dass aus unserer Sicht die Landesregierung den Auftrag aus dem, was der Landtag im Oktober beschlossen hat, gar nicht ernst nimmt und ihn auch verändert hat. Sie schildert nämlich zunächst die Grundkonzeption des ÖPP, was gar nicht in Auftrag gegeben war und arbeitet sich mehr oder weniger an den Auswirkungen für das a) UKSH im Allgemeinen und b) das ÖPP-Projekt im Speziellen ab.

„Danke!“, sagt die Landesregierung in Richtung Parlament, „Danke für den Auftrag!“ – wir erledigen einen anderen. Darüber kann man wirklich nur den Kopf schütteln.

Was als Standardbericht vorgelegt wird, ist eher ein Dokument der Unkenntnis, bestenfalls des Unwillens, das in besonderer Weise belegt, dass man sich in den Regierungsreihen mit der ganzen Angelegenheit am liebsten gar nicht befasst hätte. Hätte es nicht den fundierten Bericht des NDR am Tag der Grundsteinlegung am UKSH und unsere Initiative zu dieser Debatte gegeben, dann wären die Folgen aus diesem Bundesgesetz überhaupt nicht angesprochen worden, dann hätte man sich damit zufriedengeben müssen, dass die Minsterin, wie sie im Intervwie auch gesagt hat, Abgeordnetenbriefe schreibt, deren Inhalt wir nicht kennen. Ich finde allerdings, dass die Öffentlichkeit und die Menschen im Lande gerade bei der Größe des Bauprojekts ein Anrecht darauf haben, zu wissen, wie hier wer mit wm korrespondiert.

Ich möchte zwei Beispiele nennen, an denen man deutlich erkennen kann, wie inkompetent das Projekt an sich gemanagt wird. Nehmen wir einmal die Seite zwei des Berichts. Die Regierung spricht hier von „medizinisch-pflegerischen, baulich-funktionellen Patienten und besucherfreundlichen Standards“. Sie stellt das so fest, sie übernimmt das so, was ihr irgendwer ins Ohr geflüstert hat. Die Wahrheit an der Stelle heißt aber: Ausschließlich Doppelzimmer im Zeitalter multiresistenter Keime.

Schauen wir nach, was das zum Beispiel für die Pflegenden bedeutet. Angedacht ist eine Pflegekraft pro 40 Patienten in der Nacht plus einem Springer zwischen zwei Stationen. Pflegekräfte, das sind übrigens die Menschen, für die wir bessere Arbeitsbedingungen schaffen wollen – Sie hatten es auch gerade gesagt, Frau Minsterin – , deren Arbeitsverdichtung wir stets und in sanften Versen der Betroffenheitslyrik beklagen und die schon jetzt an ihre Grenzen gehen, die sich im Übrigen darüber beklagen, dass sie zur Zeit 2 km Fußweg von Parkplätzen bis zu Station haben. Verbessern tut sich an dieser Stelle nichts, nur dass die Pflegenden in Zukunft Flure haben, durch die sie vielleicht schneller laufen können als bisher.

Auf Seite drei des Berichts heißt es:

„Durch die Interdisziplinarität der zentralen Notaufnahme mit der angeschlossenen Aufnahmestationwird eine effizierntere Schichtbesetzung und der Abbau von Bereitschaften ermöglicht.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn das nicht so frech wäre, dann wäre es ja toll. Da sitzen unsere Mediziner also völlig nutzlos in der Bereitschaft herum und dank der neuen Planung zieht hier endlich ein effektiver und effizienter Geist ein. Es ist Irrsinn, dass ein Minsterium sowas tatsächlich ernsthaft in einem Bericht einem Parlament mitteilt. Denn das Fachpersonal entscheidet, und das Fachpersonal ist eindeutig zu wenig. Wer sich ein bisschen auskennt und nachgefragt hat, weiß, dass zur Zeit die Notaufnahmen unter dem Facharztmangel Not leiden. ich wollte übrigens am Rande erwähnen, dass am Montag die staatliche Prüfung von Notfallsanitätern unter dem Vorsitz einer Orthopädin abgenommen worden ist. das ist also ein Landesvorsitz, das ist ein Landesgremium. Es wäre ja nicht schlimm, wenn die Fachärztin auch noch die Qualifikation als Notarzt hätte – hat sie aber nicht.

Springen wir einmal zum Bericht Punkt 1.2, der unter der Überschrift „Finanzierungskonzept“ steht. Dort wird davon ausgegangen, dass sich die Bauinvestitionen in Gänze aus der zu erwartenden Effizienzrendite refinanziert. Und um die Seriösität an dieser Stelle eindringlich zu simulieren, wird auf die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft GDO verwiesen, die zu dem Ergebnis kommt: „Die angenommenen Effekte nach Art und Umfang grundsätzlich ebenso die Planung der Expansionspotemziale als realistisch einzuschätzen.“ Welche wissenschaftliche Methodik sie zu diesem Ergebnis bringt, wird nicht dargestellt.

Es gibt mehrere Thesen. Die Kompressionsthese geht, und dabei spreche ich den prozentualen Anstieg von älteren und jüngeren Patienten an, davon aus, dass die Menschen mit steigender Lebenserwartung viel länger leben und sich schwere Erkrankungen in einem fest umrissenen Zeitfenster vor dem Tode ereignen. Im Gegensatz dazu beschreibt die Expansionsthese, dass sich diese Phasen gesundheitlicher Beeinträchtigung ausweiten werden, die Menschen zwar länger leben, in dieser Zeit aber auch länger krank sein werden. Beide Thesen zeigen auf, wie schwierig es ist, die genaue Entwicklung der Patientenzahlen für die Zukunft zu liefern.

 

Woher also die Gewissheit genommen wird, dass sich das Projekt rechnet, ist und bleibt mir schleierhaft. Ich bin dafür, dass wir mit tatsächlicher Anwesenheit von Experten im Ausschuss beraten. – Vielen Dank.

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