Landtag verzichtet auf Stellungnahme zum bayerischen Tanzverbot am Karfreitag

Der schleswig-holsteinische Landtag hat heute beschlossen, keine Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde gegen das bayerische Tanzverbot am Karfreitag abzugeben.

Am Karfreitag sind in Bayern in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen jeder Art verboten. Auf dieser Grundlage verbot München dem Bund für Geistesfreiheit die Durchführung einer Film- und Tanzveranstaltung, die dem Protest gegen das Verbot dienen sollte. Gegen das Verbot hat der Bund für Geistesfreiheit nun Verfassungsbeschwerde erhoben. Das Bundesverfassungsgericht hat allen Landtagen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

In Schleswig-Holstein gilt ein solches generelles Tanzverbot an Karfreitagen nicht. Hier kann z.B. in Diskotheken getanzt werden, solange dies außerhalb des Gebäudes nicht stört.

In der heutigen Landtagssitzung habe ich folgenden Antrag gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

1. Der schleswig-holsteinische Landtag gibt in dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Aktenzeichen 1 BvR 458/10 betreffend die Untersagung der für Karfreitag 2007 in München geplanten Veranstaltung “Heidenspaß-Party” eine Stellungnahme ab.

2. Der Landtagspräsident wird beauftragt, in der Stellungnahme für den Landtag zum Ausdruck zu bringen, dass ein gesetzliches Generalverbot von Tanzveranstaltungen mit Musik in geschlossenen Räumen an kirchlichen Feiertagen wie dem Karfreitag übermäßig in Grundrechte eingreift, solange die Veranstaltung die Religionsausübung nicht konkret beeinträchtigt. Dies gilt zumal dann, wenn mit der Tanzveranstaltung unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit eine politische Meinungsäußerung zum Ausdruck gebracht werden soll.

Drei meiner Mitpiraten haben dem Antrag zugestimmt bei einer Ablehnung und einer Enthaltung. Unser unterschiedliches Stimmverhalten beruht nicht auf einer abweichenden Meinung in der Sache. Wir sind uns alle einig, dass ein generelles Tanzverbot am Karfreitag falsch ist. Unterschiedliche Meinungen gab es nur zu der Frage, ob dieser Streit vor dem Bundesverfassungsgericht ausgetragen werden sollte oder im Parlament.

Die übrigen Fraktionen haben den Antrag abgelehnt. Der Landtag wird daher keine Stellungnahme abgeben.

Es gab einen Wortwechsel mit der Präsidentin zu der Frage, ob ich das Recht hatte, meinen Antrag mündlich zu begründen. Laut Geschäftsordnung kann jeder Antrag begründet werden. Noch unklar ist aber, ob dies auch für Änderungsanträge (wie meinen) gilt. Dies wird noch zu klären sein.

Im Übrigen hat der Landtag heute die Volksinitiative „Für vereinfachte Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Schleswig-Holsteins Gemeinden und Kreisen“ abgelehnt. SPD, Grüne und SSW wollen auf Zustimmungsquoren als Voraussetzung für erfolgreiche Bürgerentscheide nicht verzichten und verhindern, dass Bürger über Haushaltssatzungen, Gewerbesteuersätze und Bauleitpläne mitentscheiden dürfen. Wir PIRATEN haben als überzeugte Mitglieder im Bündnis für Mehr Demokratie in Schleswig-Holstein geschlossen für die Volksinitiative gestimmt, ebenso die FDP (die übrigen Fraktionen dagegen).

Die Koalitionsfraktionen haben dem Bündnis Gespräche darüber angeboten, inwieweit der Gesetzentwurf (teilweise) übernommen werden kann. Das Bündnis für Mehr Demokratie wird aber vermutlich zur Fristwahrung den Antrag auf Durchführung eines Volksentscheids stellen. Wenn zeitnah ein guter Kompromiss gefunden wird, kann dieser Antrag wieder zurückgezogen werden.

Die Volksinitiative „Für Volksentscheide ins Grundgesetz“ ist immerhin angenommen worden, dagegen war nur die CDU. Die Landesregierung soll im Bundesrat beantragen, die Möglichkeit von Volksentscheiden in das Grundgesetz aufzunehmen. Wegen der CDU ist die erforderliche Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat aber nicht zu erwarten.

Eine Zusammenfassung der Landtagssitzungen gestern und heute gibt es bei Plenum Online. Die Stellungnahmen der PIRATEN zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten sind hier kurz skizziert.

3 Kommentare

3 Kommentare

  • 1
    KillarNBathy
    13. Juni 2012 um 19:29 Uhr

    Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen….. Beißt euch weiter durch!

  • 2
    Kaboom
    13. Juni 2012 um 21:20 Uhr

    Danke für die schnelle Stellungsnahme – damit ist auch meine Frage beantwortet, warum nur 4 Piraten dem eigentlich sehr piratigen und vom Parteiprogramm abgedeckten Antrag zugestimmt haben. Das der politische Arm des deutschen Christentums (CDU) stille Feiertage stützt, stand ja wohl nie zur Debatte. Ebenso wenig, dass es sich SPD und Grüne nur ungern mit dem Klerus verderben möchten.
    Ein trauriges Bild, wie meist, gibt halt mal wieder die FDP ab. Von der Theorie, dem liberalen Menschenbild und den gelegentlichen Sonntagsreden einzelner Mitglieder her, müssten sie eigentlich gegen ein striktes Tanzverbot sein. Aber wer sich in Bürgerrechtsfragen auf die gegenwärtige FDP verlassen muss, findet sich halt RuckZuck mutterseelenallein in der öden Wüstenei wieder. Na, immerhin haben sie für die Volksinitiativen gestimmt.

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