Breite Mehrheit gegen Vorstoß der Bundesregierung zur Telekommunikationsdatenauskunft

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat sich heute mit breiter Mehrheit für massive Nachbesserungen am Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bestandsdatenauskunft ausgesprochen. Unsere entsprechende Initiative wurde in abgeänderter Form angenommen. Zugestimmt haben neben uns PIRATEN SPD, Grüne, SSW und sogar die an der Bundesregierung beteiligte FDP.

Am Freitag entscheidet der Bundesrat über unsere Forderungen zum Schutz der Privatsphäre von Internetnutzern, aber auch über Forderungen nach noch weiter reichender Überwachung als von der Bundesregierung ohnehin geplant. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ruft dazu auf, Bundestagsabgeordnete zu kontaktieren.

Die Entschließung zum Schutz der Vertraulichkeit und Anonymität der Telekommunikation im Wortlaut

Der Landtag ersucht die Landesregierung, bezüglich des Entwurfs der Bundesregierung eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft im Bundesrat darauf hinzuwirken, dass

  1. der Systematik des Telekommunikationsgesetzes entsprechend analog zur Datenverwendung nach § 113b TKG auch für Bestandsdaten ein einfachgesetzliches Zitiergebot Klarheit darüber herstellt, welche Gesetze einen staatlichen Zugriff auf Kommunikationsdaten erlauben sollen und welche nicht,
  2. für die Abfrage von IP-Adressen durch Behörden dieselben verfahrensrechtlichen und inhaltlichen Voraussetzungen eingeführt werden wie für die Auslieferung von Telekommunikations-Verkehrsdaten (z.B. Richtervorbehalt, Eingriffsschwellen); da IP-Adressen die Schnittstelle zwischen Bestands- und Verkehrsdaten darstellen, muss hier der höhere Standard zur Anwendung kommen,
  3. die Auslieferung von Bestandsdaten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 TKG) gesetzlich ausdrücklich auf Einzelfälle beschränkt bleibt und die verpflichtende Einführung einer elektronischen Auskunftsschnittstelle unterbleibt,
  4. eindeutig und restriktiv gesetzlich geregelt wird, unter welchen verfahrensrechtlichen (z.B. richterliche Anordnung oder Bestätigung und Dokumentationspflichten) und inhaltlichen Voraussetzungen Zugangssicherungscodes (wie Passwörter, PIN oder PUK), die den Zugang zu Endgeräten (z.B. Mobiltelefonen) und Speicherungseinrichtungen (z.B. E-Mail-Postfächer) sichern, gegenüber Staatsbehörden preiszugeben sind und deren Nutzung zugelassen wird, denn Passwörter ermöglichen nicht nur den Zugriff auf Bestandsdaten, sondern auch den Zugriff auf weitere sensible Inhalte der Telekommunikation und sogar weitere persönliche Inhalte wie Fotos, Tagebücher und Dokumente; der Vorrang der Telekommunikationsüberwachung unter Mitwirkung des Anbieters vor dem unmittelbaren Zugriff mithilfe von Zugangssicherungscodes ist festzuschreiben,
  5. bezüglich des Verbots unter Bußgeldbewehrung einer Herausgabe von Zugangssicherungscodes an unberechtigte Behörden oder Dritte der Status quo erhalten bleibt,
  6. die Auskunfterteilung anhand rechtswidrig gespeicherter Kommunikationsdaten nicht erlaubt wird,
  7. keine Weiterentwicklung des Aufgabebereiches von BKA und ZKA außerhalb des Kernaufgabenbereichs zu einer allgemeinen Internetpolizei erfolgt, weil damit ein Eingriff in die polizeiliche Länderhoheit verbunden wäre,
  8. der Bund es dem zuständigen Fachgesetzgeber überlässt, zu regeln, in welchem Zeitrahmen und Umfang Auskünfte zu erteilen sind und ob der Anbieter seine Kunden informieren darf und
  9. eine Benachrichtigung der Betroffenen mindestens von Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis (Identifizierung von Internetnutzern) und von der Auslieferung persönlicher Zugangssicherungscodes analog der entsprechenden Regelung in der Strafprozessordnung sichergestellt wird.

Quelle: Drucksache 18/370

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