Wissenschaftlicher Dienst prüft verfassungswidrige Zulagen für parlamentarische Geschäftsführer

In unserem Wahlprogramm heißt es: „Die verfassungswidrigen Zulagen an die parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführer, die das Bundesverfassungsgericht schon vor Jahren als Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Abgeordneten verboten hat, wollen wir abschaffen.“ Im Wahlkampf haben wir angekündigt, dies durch eine Klage zum Landesverfassungsgericht durchzusetzen, wenn die übrigen Fraktionen einer Abschaffung der verfassungswidrigen Zulagen nicht freiwillig zustimmen.

Nähere Informationen zu der Thematik bietet Report Mainz.

Als ersten Schritt haben wir nun den Wissenschaftlichen Dienst beauftragt, ein Gutachten zu der Frage der Verfassungswidrigkeit zu erstellen. Mithilfe dieses Gutachtens wollen wir die anderen Fraktionen überzeugen, die Zulagen freiwillig zu streichen, um den Gang zum Verfassungsgericht möglichst noch zu vermeiden.

Nähere Informationen finden sich in dem Gutachtenauftrag:

An den Wissenschaftlichen Dienst

des Landtags Schleswig-Holstein

06.06.12

Gutachtenauftrag Funktionszulage für parlamentarische Geschäftsführer

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Urteil vom 21. Juli 2000 (2 BvH 3/91) hat es das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, dass parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen nach dem Thüringer Abgeordnetengesetz zusätzliche Entschädigungen erhielten.

Hiermit bitte ich Sie im Namen meiner Fraktion, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob das Urteil auf Schleswig-Holstein übertragbar ist, soweit zusätzliche Entschädigungen für parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen für verfassungswidrig erklärt worden sind, ob also auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts § 6 Abs. 2 Nr. 5 des Schleswig-Holsteinischen Abgeordnetengesetzes verfassungswidrig ist.

Bitte legen Sie Ihrem Gutachten die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zugrunde und nicht abweichende Rechtsmeinungen.

Aus meiner Sicht spricht für eine Übertragbarkeit

  1. die Feststellung der „Benda-Kommission“, „dass sich hinsichtlich der Tätigkeit der Fraktionsgeschäftsführer relevante Unterschiede zwischen den einzelnen Parlamenten kaum werden feststellen lassen.“ (LT-Drs. 15/1500, S. 36),

  2. das Gutachten von Prof. Dr. Paul Kirchhof „Zur Zulässigkeit parlaments- und fraktionsautonomer Funktionszulagen“, wonach die Verfassungswidrigerklärung eines Gesetzes die Gesetzgeber aller anderen Gebietskörperschaften, in denen inhaltlich gleiche Gesetze gelten, binde (http://www.swr.de/report/-/id=6922526/property=download/nid=233454/d8yxm9/Gutachten_Kirchhof_2001.pdf, S. 15),

  3. die Einschätzung des Bundesverfassungsrichters a.D. Hans-Joachim Jentsch, wonach das Urteil auf Zulagen sämtlicher parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktionen aller Landesparlamente und des Bundestags übertragbar sei (http://www.swr.de/report/presse/-/id=1197424/nid=1197424/did=6952254/hr93x5/),

  4. der Umstand, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag in dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (Az. 2 BvH 3/91) eine Stellungnahme hatte abgeben lassen, die selbst davon ausging, dass § 6 Abs. 2 des Schleswig-Holsteinischen Abgeordnetengesetzes vergleichbar wie die thüringische Regelung zu beurteilen und mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 40, 296) nicht vereinbar sei (Schriftsatz von Prof. Dr. Hans-Peter Schneider vom 28.02.1992).

Bitte veröffentlichen Sie Ihre Stellungnahme und geben Sie sie auch den übrigen Fraktionen zur Kenntnis.

Mit freundlichem Gruß,

Patrick Breyer

Vorsitzender der Piratenfraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag

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