Erhöhung der Fraktionsmittel pro Abgeordnetem um 33% geplant

Noch bevor der Landtag über die harten Einsparmaßnahmen entscheidet, die zur Rückführung der jährlichen Neuverschuldung Schleswig-Holsteins erforderlich sein werden, wird er über die Mittel entscheiden, die den Landtagsfraktionen selbst zufließen. Die Pläne überraschen in einem hochverschuldeten Land, das etwa sozialen und kulturellen Einrichtungen sowie Beratungsstellen von Jahr zu Jahr empfindliche Kürzungen zumuten muss und dessen Bildungseinrichtungen chronisch unterfinanziert sind: Fraktionen, die aus deutlich weniger Abgeordneten als im letzten Landtag bestehen, sollen künftig mehr Geld erhalten.

Vor allem zum Zweck der Haushaltskonsolidierung sollte die Wahlrechtsreform eine Verkleinerung des Landtags ermöglichen. Tatsächlich hat der neue Landtag statt 95 wieder 69 Abgeordnete, was dem Land Diäten in Millionenhöhe erspart. Die um ein Viertel der Abgeordneten geschrumpften Fraktionen wollen demgegenüber nahezu dieselben Fraktionsmittel wie bisher in Anspruch nehmen:

Für den letzten Landtag mit 95 Abgeordneten waren zuletzt 5 Mio. Euro an jährlichen Fraktionsmitteln vorgesehen. Für den neuen Landtag mit 69 Abgeordneten sehen Pläne der etablierten Fraktionen nun fast 4,9 Mio. Euro an jährlichen Fraktionsmitteln vor. Die Fraktionsmittel pro Abgeordnetem würden dadurch um 33% steigen!

Zum Vergleich: In der vorletzten Wahlperiode hatte der Landtag mit 69 Abgeordneten noch 4,2 Mio. Euro an die Fraktionen gezahlt. Zwar mögen seither die Kosten gestiegen sein. Dies ist aber in der Landesverwaltung und in den vom Land finanzierten/unterstützten Einrichtungen auch der Fall, und diese müssen gleichwohl Jahr für Jahr harte Einsparungen hinnehmen. Auch die Bediensteten des Landes haben in den letzten Jahren deutliche Einkommensverluste hinnehmen müssen.

Nach den Plänen der Etablierten sollen zwei Fraktionen mit deutlich weniger Abgeordneten als in der letzten Wahlperiode sogar mehr Geld erhalten, nämlich CDU und SPD. Anders als das Land sollen die Fraktionen auch in den nächsten Jahren nicht sparen müssen: Die Fraktionsmittel sollen für fünf Jahre festgeschrieben werden.

Für uns PIRATEN sind diese Pläne nicht akzeptabel. Wir haben einen Gegenvorschlag ausgearbeitet, der Fraktionsmittel von unter 4 Mio. Euro jährlich vorsieht. Gegenüber dem letzten Landtag würden 25% der Fraktionsmittel eingespart und stünden dadurch den Schleswig-Holsteinern zur Verfügung, die sie dringend benötigen. Unseren Vorschlag haben wir heute wie folgt an die übrigen Fraktionen kommuniziert:

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

wie bereits in der PGF-Runde erläutert, sind wir PIRATEN der Meinung, dass vor dem Hintergrund der bereits vorgenommenen und zukünftig noch anstehenden tiefen finanziellen Einschnitte für die Bürger und Beschäftigten Schleswig-Holsteins auch der Landtag einen deutlichen Einsparbeitrag leisten muss. Das Land braucht die Mittel dringender als die Fraktionen.

Es ist für uns deshalb nicht akzeptabel, die Fraktionsmittel pro
Abgeordnetem gegenüber der letzten Legislaturperiode um 33% zu erhöhen, wie es Ihr Vorschlag vorsieht. Die Mittel für den viel größeren 17. Landtag können keinen Maßstab für die erforderliche 10%-ige Kürzung bilden, zumal die Größe des Landtags verfassungswidrig war. Nach Ihrem Vorschlag sollen Fraktionen mit weniger Abgeordneten als in der 17. Wahlperiode sogar mehr Mittel erhalten (CDU, SPD), dies ist nicht akzeptabel.

Wir haben einen anderen Vorschlag ausgearbeitet (anbei), der sich an den Ansätzen der 16. Wahlperiode orientiert, als der Landtag ebenfalls 69 Abgeordnete hatte, und eine 10%-ige Kürzung darauf vorsieht. Die 100.000 Euro übersteigenden Grundbeträge sind auf die Erhöhungsbeträge umgelegt worden, weil das Fraktionsgesetz in § 6 „einen“ (gleichen) Grundbetrag und Oppositionszuschlag „für jede Fraktion“ vorsieht und die seit einigen Jahren praktizierte Staffelung des Grundbetrags nach Fraktionsgröße nicht erlaubt.

Insgesamt errechnen sich nach unserem Vorschlag Fraktionsmittel von 3,978 Mio. Euro pro Jahr, welche 6% unter denjenigen der 16. Wahlperiode liegen. Wie der Landesrechnungshof sind wir der Meinung, dass damit die Arbeitsfähigkeit der Fraktionen gesichert ist.

Hier die Finanzierungsvorschläge im Vergleich:

CDU SPD Grüne FDP PIRATEN SSW Gesamt
Neuer Landtag (Vorschlag PIRATEN) 990.000 (22 Abg.) 954.000 (22 Abg.) 711.000 (10 Abg.) 513.000 (6 Abg.) 513.000 (6 Abg.) 297.000 (3 Abg.) 3.978.000 (69 Abg.)
Neuer Landtag (Pläne etablierte Fraktionen) 1.250.000 (22 Abg.) 1.190.000 (22 Abg.) 790.000 (10 Abg.) 620.000 (6 Abg.) 620.000 (6 Abg.) 410.000 (3 Abg.) 4.880.000 (69 Abg.)
Letzter Landtag (Ansatz für 2012) 1.201.000 (34 Abg.) 1.166.000 (25 Abg.) 823.600 (12 Abg.) 815.400 (15 Abg.) Linke 548.900(6 Abg.)  461.700
(3 Abg.)
5.016.600 (95 Abg.)
Vorletzter Landtag 1.347.000 (30 Abg.) 1.342.000 (29 Abg.)  605.000 (4 Abg.)  605.000 (4 Abg.) 312.500 (2 Abg.)  4.211.500 (69 Abg.)
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