Wahl zum Landesverfassungsgericht: PIRATEN erneuern Kritik an Postenschieberei

Der Fraktionsvorsitzende der PIRATEN, Dr. Patrick Breyer, hat heute versucht im Landtag zu begründen, warum der Wahlvorschlag zum Landesverfassungsgericht nicht zustimmungsfähig ist. Er wurde vom Landtagspräsidenten mit umfangreichen Auflagen konfrontiert, mehrfach unterbrochen, bevor ihm das Wort vollständig entzogen wurde. Im Folgenden die Rede, die Dr. Patrick Breyer halten wollte:

„Meine Fraktion stimmt dem Wahlvorschlag zum Landesverfassungsgericht nicht zu, weil dem Vorschlag keine offene Ausschreibung der Stellen und keine ergebnisoffene, gemeinsame Suche nach den bestqualifizierten Juristen voraus gegangen ist.

Das Landesverfassungsgericht ist Hüter unserer Verfassung und Kontrollorgan des Landtages. Wir brauchen die besten Verfassungsrechtler für diese wichtige Aufgabe. Das Landesverfassungsgericht entscheidet über die Gültigkeit und Wiederholung von Landtagswahlen. Die Top-Qualifikation und Unabhängigkeit seiner Mitglieder sind wichtig, um jeden Anschein zu verhindern, politisch brisante Entscheidungen könnten politisch und nicht verfassungsrechtlich motiviert sein. Genau dieser Eindruck entsteht, wenn sich die Chefs von SPD und CDU die Richterstellen am Landesverfassungsgericht untereinander aufteilen und statt einer offenen Bestenauslese in engsten parteipolitischen Kreisen nach Parteienproporz vorgeschlagen wird. Niemand kann nachvollziehen, nach welchen Kriterien hier ausgewählt wurde.

Die Kieler Nachrichten berichteten am 25. Januar von einer ‚konservativen Mehrheit‘ im Gericht. Nach der mit knapper Mehrheit gefällten Entscheidung über die Befreiung des SSW von der Sperrklausel hieß es in der Presse gar, ein ‚konservativer Richter‘ sei ‚umgefallen‘. Das Gerede von ‚CDU-Richtern‘ oder ‚SPD-Richtern‘ beschädigt das öffentliche Vertrauen in die Unabhängigkeit der Richter und ihrer Entscheidungen massiv!

Nach unserem Grundgesetz hat jeder deutsche Staatsbürger nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Richter- und Anwaltsverbände fordern dementsprechend eine öffentliche Ausschreibung der Stellen am Landesverfassungsgericht. Das ist nötig, um den besten Interessenten überhaupt eine Chance zu geben, sich zu melden und ins Gespräch zu bringen. Ohne öffentliche Ausschreibung haben selbst topqualifizierte Verfassungsrechtslehrer aus benachbarten Bundesländern, die zum Teil jahrelange Arbeitserfahrung an Verfassungsgerichten erworben haben, keine Chance.

Jede Amtsrichterstelle wird öffentlich ausgeschrieben – es kann nicht sein, dass ausgerechnet unser höchstes Gericht ohne offene Ausschreibung besetzt werden soll. Wenn Fraktionschefs die höchsten Ämter in unserem Land untereinander aufteilen, machen wir PIRATEN das nicht mit.“

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    Anonymous
    22. Februar 2017 um 19:31 Uhr

    Habe diesen Teil des Plenums heute zufällig im live stream gesehen und bin erschrocken und entsetzt über diese autoritären Strukturen in Form von Maßregelung, Belehrung und Entziehung des Rederechts im Parlament.Dieser Teil der Veranstaltung erinnerte mich stark an meine Schulzeit vor mehr als einem halben Jahrhundert(!),wo autoritäre Maßregelungen einem unmissverständlich klar machten, wer das Sagen hat. in der heutigen Zeit ist das ein-
    fach völlig fehl am Platze! Schon diese heftige Reaktion ist für mich ein klares Zeichen dafür,dass hier ein wunder Punkt berührt wird und etwas nicht so läuft, wie es laufen sollte. Wenn man dann den Sachverhalt betrachtet, um den es geht, ist alles klar! Was mich wirklich wundert, ist die Gleichgültigkeit der übrigen Anwesenden des Plenums. Unfassbar!