Land beutet hunderte junge Menschen als unbezahlte Praktikanten aus

Wie die PIRATEN jetzt aufdecken, hat das Land Schleswig-Holstein seit 2014 hunderte von Praktikanten bis zu sechs Monate beschäftigt, ohne ihnen eine Vergütung zu zahlen. Wie die Antwort der Landesregierung auf eine Piratenanfrage zeigt, verfügten über einhundert der unbezahlten Praktikanten sogar über eine Berufsausbildung oder einen Studienabschluss. Dazu der Abgeordnete der PIRATEN, Dr. Patrick Breyer:

“Meine Anfrage hat einen erschreckenden Missbrauch von Praktika durch höchste Regierungsbehörden in Schleswig-Holstein aufgedeckt: Junge Menschen werden systematisch für unbezahlte Praktika ausgebeutet, selbst wenn es sich um voll ausgebildete Arbeitskräfte handelt.

Diese Praxis führt das Mantra dieser Regierung von ‘guter Arbeit’ ad absurdum und dürfte in vielen Fällen auch gesetzwidrig sein. Wir PIRATEN fordern ein Ende eines derartigen Missbrauchs von Praktika:
Schleswig-Holstein sollte Absolventen mit abgeschlossener Berufsausbildung oder abgeschlossenem Studium nicht mehr als Praktikanten beschäftigen, freiwillige Praktika auf höchstens drei Monate begrenzen und Praktikanten eine angemessene Vergütung von mindestens 300 Euro monatlich zahlen.

Auch Studenten, die im Rahmen ihres Studiums Praktika zu absolvieren haben, müssen endlich einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung bekommen. Praktikanten dürfen nicht länger als kostenlose Arbeitskräfte ausgebeutet werden!”

Hintergrund: Die Praktika-Richtlinie der Länder sieht für Berufspraktikanten nur eine Maximalvergütung vor, für sonstige Praktikanten gibt es keinerlei Anspruch auf Bezahlung. Das Mindestlohngesetz gilt für die meisten Praktika nicht. Es gibt sogar unverständliche Hürden: In der Piratenfraktion absolviert derzeit eine Studentin ein Pflichtpraktikum und darf nach den einschlägigen Bestimmungen nicht bezahlt werden.
Im Einklang mit Forderungen der DGB-Jugend regelt die Praktikantenrichtlinie des Bundes weitere Schutzvorkehrungen und Mindeststandards für Praktikanten bei Bundesbehörden.
Im Land gibt es keine vergleichbare Richtlinie, die Landesregierung will sie auch nicht einführen. Nach einer EU-Umfrage haben 74% der Befragten schon einmal ein Praktikum gemacht, 60% ohne Bezahlung.

Antwort der Landesregierung im Volltext

Praktika-Richtlinie der Länder

Forderungen der DGB-Jugend

Praktikantenrichtlinie des Bundes

Meinungsumfrage zu Praktika

 

Bild: Andreas Hermsdorf / pixelio.de

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1 Kommentar

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    Malte
    21. September 2016 um 09:38 Uhr

    Natürlich haben sonstige Praktikanten Anspruch auf eine Vergütung. Nämlich aus dem Mindestlohngesetz (MiLoG). Dazu müssen es allerdings freiwillige Praktika mit einer Dauer von mehr als drei Monaten sein. Das könnte auch der Grund sein, warum es so gut wie keine freiwilligen Praktika über 3 Monaten gibt und diese dann auch noch recht gut bezahlt werden (LKN = 2.143 €/Monat). Leider differenziert die Aufstellung nicht nach 2014 (kein MiLoG) und 2015 (MiLoG), was die Differenzierung der Antwort erschwert.

    Richtig ist aber die Kritik, dass das Land bei den freiwilligen Praktika unter 3 Monaten sich in der RL nur auf die gesetzliche Lage zurückzieht, statt sich für Praktikanten als guter Arbeitgeber darzustellen und auch diesen eine angemessene Vergütung zu zahlen – die übrigens bei Vollzeit nicht unter ALG II liegen sollte.

    Und letztlich eine Nachfrage: Was für Pflichtpraktika mit mehr als 3 Monaten gibt es denn bitte? Sind das diese praktischen Semester in den richtigen Studiengängen?