Polizeischule Eutin: „Strafanzeige ist haltlose Retourkutsche“

Wegen der Sexismus- und Rassismusvorwürfe von drei ehemaligen Polizeianwärterinnen gegen männliche Kollegen wird ihnen sowie dem Abgeordneten Dr. Patrick Breyer von den PIRATEN, der eine disziplinarische Prüfung gefordert hatte, in einer Strafanzeige nun „falsche Verdächtigung“ und „Vortäuschen einer Straftat“ vorgeworfen. Nach einem Bericht der „Welt“ soll eine vierte Polizeianwärterin, welcher nach Aussage der drei Kolleginnen wohl beim Schwimmunterricht ein Klaps auf das Gesäß versetzt worden sein soll, am 11.07.2016 jegliche sexuelle Belästigung durch männliche Kollegen dementiert haben.

Dazu der Abgeordnete Dr. Patrick Breyer:

„Ganz offensichtlich kann es ein sozialdemokratischer Kommunalpolitiker angesichts des beginnenden Sommerlochs nicht erwarten, gegen die PIRATEN in den Wahlkampf zu ziehen. Es bleibt abzuwarten, ob die Staatsanwaltschaft aufgrund dieser absurden Vorwürfe überhaupt ein Ermittlungsverfahren einleitet.

Ich sehe dem Ergebnis der Prüfung aus folgenden Gründen gelassen entgegen:

– Die Vorwürfe habe nicht ich erhoben, sondern drei ehemalige Polizeianwärterinnen. Sie sind durch Zeugenaussagen und vorgelegte Whatsapp-Ausdrucke untermauert. Schon gar nicht habe ich wider besseres Wissen gehandelt, wie es der Tatbestand einer ‚falschen Verdächtigung‘ voraussetzt – das hätte auch ein Kommunalpolitiker im Gesetz nachlesen müssen, bevor er eine so haltlose Anzeige erstattet.

Ich weiß nicht, ob die Vorwürfe der ehemaligen Anwärterinnen zutreffen, aber ich fordere, dass sie aufgeklärt werden. Aufgrund des öffentlichen Drucks geschieht dies nun endlich, nachdem sie zuvor vernichtet werden sollten.

Offenbar soll nun zumindest einer der Polizeianwärter wegen der Seximusvorwürfe entlassen werden. Die beabsichtigte Entlassung bedeutet, dass die schweren Vorwürfe aus Sicht der Disziplinarermittler offenbar auch nach Überprüfung nicht ausgeräumt sind – trotz der von der ‚Welt‘ berichteten dienstlichen Stellungnahme der vierten (ehemaligen) Polizeianwärterin.

– Kennt der Kommunalpolitiker überhaupt die vollständigen Aussagen der drei Anwärterinnen? Ich bezweifele das, weil er seine Vorwürfe dann nicht hätte erheben können.

Falsch ist die Darstellung der ‚Welt‘, die drei Anwärterinnen hätten ihre Sexismusvorwürfe gegen männlichen Kollegen nicht auf eigene Erlebnisse, sondern auf die der Mitschülerin gestützt. Die meisten der von den Zeuginnen berichteten sexistischen Verhaltensweisen[1] sollen zulasten der drei (ehemaligen) Anwärterinnen selbst gegangen sein, die  sich deswegen Ende 2014 an ihren Vorgesetzten gewandt haben.

– Zur Frage der Authentizität des Chatverlaufs der Whatsapp-Gruppe können alle Mitglieder der Whatsapp-Gruppe und damit alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft als Zeugen vernommen werden.

– Wie üblich haben wir auch bei der Veröffentlichung dieser Vorgänge die Persönlichkeitsrechte beachtet und keine Namen genannt.

– In Disziplinarverfahren wird vor dem Hintergrund der schon 2014 erhobenen schweren Sexismus- und Rassismusvorwürfe bis Monatsende die  charakterliche Eignung von zwei Polizeianwärtern geprüft. Es wird sich zeigen, ob die schweren Sexismus- und Rassismusvorwürfe gegen sie ausgeräumt werden können. Dass die Staatsanwaltschaft – teils aus formalen Gründen – keine Ermittlungen aufgenommen hat, ist für die separat geführten Disziplinarverfahren unerheblich.

– Dass die Beschuldigten die Vorwürfe bestreiten, ist ihr gutes Recht.

Aus meiner Sicht ist die Anzeige nur der durchschaubare Versuch, die eigentlichen politischen Fragen, die sich in dem Fall stellen, aus dem Fokus der Öffentlichkeit zu ziehen:

Warum erfolgt eine ernsthafte Prüfung der Vorwürfe erst auf politischen Druck? Wo bleiben die Konsequenzen daraus, dass die jetzt verfolgten schweren Vorwürfe noch im vergangenen Jahr vernichtet werden sollten?

Warum will der Innenminister der Öffentlichkeit trotz des überragenden öffentlichen Interesses den Ausgang der Disziplinarverfahren verschweigen?“

[1] Liste der Vorwürfe

Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

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