Dr. Patrick Breyer: Sexismus und Rassismus an der Polizeischule Eutin – für die Landesregierung „kein Dienstvergehen“

Nach Informationen der PIRATEN im Schleswig-Holsteinischen Landtag haben in Eutin ausgebildete Polizeianwärterinnen bereits 2014 der Leitung offene frauenfeindliche, sexistische und rassistische Äußerungen seitens der männlichen Kollegen gemeldet.

Weibliche Polizeianwärterinnen der Polizeischule Eutin seien u.a. mit Worten und Gesten sexuell beleidigt, Polizeianwärter mit Migrationshintergrund als „Kanacke“ und „Kümmeltürke“ bezeichnet und ein NPD-Wahlplakat mit der Aufschrift „Ist der Ali kriminell, in die Heimat aber schnell“ verbreitet worden.

Obwohl die Vorwürfe durch Zeugenaussagen und teilweise durch Whatsapp-Protokolle belegt sind, verneint das Innenministerium den „Verdacht eines Dienstvergehens“. Bis heute wurde kein Disziplinarverfahren gegen die Betroffenen eingeleitet – stattdessen wurde die Akte mit den Vorwürfen geschreddert. Für das Innenministerium sind die Vorwürfe „nicht inhaltsschwer genug“.

„Wenn derartiges Verhalten nicht beanstandet wird, setzt das Innenministerium nach innen das fatale Signal, dass Polizeibeamte in Schleswig-Holstein sich offen sexistisch und rassistisch äußern dürfen – ohne jedwede Konsequenzen befürchten zu müssen“, kritisiert Dr. Patrick Breyer, Mitglied der PIRATEN im Innen- und Rechtsausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags.
„Frauenfeindliche und rassistische Äußerungen in der Polizei dürfen nicht toleriert werden, weil dies die Hemmschwelle senkt:  Mir wird Angst und Bange bei der Vorstellung, dass Polizeibeamte mit solchen Einstellungen u.a. Frauen vor gewalttätigen Ehemännern oder Flüchtlinge vor Anschlägen schützen sollen.

Wir PIRATEN fordern eindringlich die Regierung Albig auf, ihre Haltung zu den Vorgängen unverzüglich zu korrigieren und wiederholte sexistische oder rassistische Äußerungen innerhalb der Polizei konsequent zu ahnden – auch zum Schutz des öffentlichen Vertrauens in unsere Polizei.“

Auf Antrag der PIRATEN wird der Innenminister im Innen- und Rechtsausschuss zu den Vorwürfen umgehend Stellung beziehen müssen.  Den Antrag zum Bericht finden Sie hier.

 

 

 

Hintergrund:
Aus der Beschwerde der Polizeianwärterinnen bei der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung in Eutin geht hervor, dass bestimmte männliche Kollegen:
1. einer Polizeianwärterin der Polizeischule Eutin beim Schwimmunterricht einen Schlag auf das Gesäß versetzt und Bemerkungen über sich unter einem Badeanzug abzeichnende Brustwarzen einer Polizeianwärterin gemacht haben sollen,
2. sexuell anzügliche Gesten durch Bewegen der Zunge im Mund gegenüber Polizeianwärterinnen gemacht haben sollen,
3. unaufgefordert Pornografie über eine Whatsapp-Gruppe der Polizeianwärter versandt haben sollen,
4. ein Foto, auf dem ein Polizeianwärter ein minderjähriges Mädchen im Arm hält, mit „Meine Neue, haha“ in der Whatsapp-Gruppe der Polizeianwärter kommentiert haben sollen,
5. gegenüber Polizeianwärterinnen fast täglich abfällige Kommentare, Witze und frauenfeindliche Sprüche wie „Frauen haben bei der Polizei nichts zu suchen“ geäußert haben sollen, was als „Psychoterror“ empfunden worden sei sowie Leistung und körperliches Wohlbefinden der Opfer „massiv“ beeinträchtigt habe,
6. das Foto einer Anwärterin als Zielscheibe für ein Handy-Schießspiel verwendet und auf Nachfrage dazu erklärt haben sollen: „Auf manche Personen muss man einfach schießen“,
7. Verharmlosungen von Gewaltanwendung durch die Polizei über die Whatsapp-Gruppe der Polizeianwärter verbreitet haben sollen,
8. ein NPD-Plakat mit der Aufschrift „Ist der Ali kriminell, in die Heimat aber schnell“[1] über die Whatsapp-Gruppe der Polizeianwärter verbreitet und mit „Airline Öztürk steht bereit“ kommentiert haben sollen,
9. Polizeianwärter mit Migrationshintergrund als „Kanacke“ oder „Kümmeltürke“ bezeichnet haben sollen und
10. Sätze wie „Ich will nicht mit so einem Kanacken in einer Dienststelle sein“ und „Wenn ich einen Kanacken als Streifenpartner hätte, würde ich den am Ortsrand sofort aussetzen“ geäußert haben sollen.

Die Schleswig-Holsteinische Landesregierung hält nur Personen „mit nachgewiesener sexistischer und/oder fremdenfeindlicher Einstellung“ für in der Regel („grundsätzlich“) ungeeignet für den Beruf eines Polizeibeamten. Nordrhein-Westfalen dagegen hat angehende Polizeibeamte nach der wiederholten Weiterleitung rassistischer und menschenverachtender Bilder und Wortbeiträge wegen „mangelnder Distanz“ zu Rassismus entlassen und vor Gericht Recht bekommen.

 

 

 

 

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