Platz für den Stichling

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Die Umweltbelastungen nehmen zu, die Artenvielfalt nimmt ab. Das können wir ganz real feststellen, wenn wir einfach mal in die Bäche blicken, die sich – inzwischen meist begradigt – an den Äckern entlangziehen.

Da wuchern die Algen und die Keime, nur den toleranten Stichling – der früher nahezu alle Bäche und Gräben bevölkert hat – den sucht man vielerorts vergeblich.

Dass sich eine solche, rein zweckmäßige Entwicklung nicht unentwegt fortsetzen lässt ohne große Einbußen bei der allgemeinen Lebensqualität, liegt auf der Hand. Denn Fische beobachten, dass kann ja durchaus Spaß machen.

Wenn wir heute also damit beginnen das Landesnaturschutzgesetz zu diskutieren, dann beginnen wir damit auch eine Debatte um die Lebensqualität von morgen.

Lebensqualität ist hier tatsächlich der richtige Begriff. Denn es geht gleichermaßen darum, wie wir persönlich leben wollen, als auch darum, welche Voraussetzung das Leben als solches benötigt, um artenreich, bunt und vielfältig zu sein.

Diese Beiden lassen sich im Grunde nicht trennen, denn wenn es unserer Umwelt nicht gut geht, dann trifft das früher oder später auch uns selbst. Wir brauchen die fruchtbaren Böden, die saubere Luft, das trinkbare Wasser und die Erholung, die von diesen Quellen ausgeht.

Wir haben es schon oft gesagt und gehört, die Leistungsfähigkeit der Natur und ihrer Dienstleistungen – die sogenannten Ökosystemdienstleistungen – hängen ganz entschieden davon ab, wie wir mit der Natur umgehen.

Wer durch einen Urwald spaziert bemerkt ganz intuitiv, was hier anders läuft. Die Zeit scheint förmlich still zu stehen. Es dauert Jahrzehnte, bis ein toter Eichenstamm verschwunden ist. Aber dieser Eichenstamm ist nicht tot, sondern sein Zerfall ist das pure Leben. Tausende Pilze, Tiere und Pflanzen finden hier Nahrung und Unterkunft.

Dieses ruhige, zeitlose Leben können wir uns nicht leisten. Angetrieben durch das Phosphor beschleunigen wir den Stoffwechsel der Pflanzen, um die Erträge zu erhalten, die die moderne Gesellschaft verlangt.

Daran führt kein Weg vorbei und für sich genommen ist das auch kein Problem. Ein Problem wird es erst dann, wenn vom wirklichen Leben – so wie es sich abspielt, wenn wir uns nicht einzumischen wagen – kaum mehr etwas übrig bleibt.

Die Aufgabe des vorgelegten Gesetzes liegt nun also darin, hier einen vernünftiges Gleichgewicht zu erreichen. Aus Bewegung und Ruhepol gewissermaßen die richtige Durchschnittsgeschwindigkeit zu ermitteln. Und genau darauf – das Gleichgewicht – werden wir im Ausschuss Wert legen.

In die konkrete Textarbeit die uns im Ausschuss bevorsteht möchte ich jetzt noch nicht einsteigen, mir aber mal ein paar Punkte rausgreifen, die ich für zentral halte: Das Verbot, biozid wirkende, gentechnisch veränderten Organismen (GVO) im Umkreis von 1.000 Metern um Naturschutzgebiete herum anzubauen, begrüßen wir. Angesichts dessen, dass die Pollen bis zu drei Kilometer weit geweht werden, sollte dann allerdings auch diese Grenze – also drei Kilometer – ausgesprochen werden. Zudem muss sich das Verbot auf sämtliche GVO beziehen, da eine Hybridisierung – also die Vermischung von Gentechnik mit Wildkräutern – generell unerwünscht sein sollte.

Dann zu den Landschaftsschutzgebieten und Naturparken. Wer die Rechtslage nicht genau kennt, der denkt bei „Landschaftsschutzgebieten“ wohl daran, dass diese Landschaft langfristig bewahrt werden soll. Solange sich Landschaftsschutzgebiete – etwa im Falle eines Bauvorhabens – also einfach wieder umwidmen lassen, sind wir von der Augenwischerei nicht weit entfernt.

Deshalb sollte im Gesetz auch festgeschrieben werden, dass die Umnutzung von Landschaftsschutzgebieten der Zustimmung der Oberen Naturschutzbehörde bedarf und die anerkannten Naturschutzverbände vor jeder Entscheidung angehört werden müssen.

Ähnlich verhält es sich bei den Naturparken, die das Bundesnaturschutzgesetz in §27 klar besser stellt, als es der uns vorliegende Entwurf der Landesregierung tut.

Der Wolf. Darüber, dass die Landesregierung unseren Vorschlag, das Anlocken und Füttern von Wölfen zu verbieten in das Landesnaturschutzgesetz übernehmen möchte, darüber freuen wir uns.

Wichtig ist uns aber nach wie vor, die Konsequenzen einer Zuwiderhandlung klar zu benennen. Etwa – wie es uns vorschwebt – über die Bekanntmachung eines Strafmaßes von 5.000 Euro.

Denken wir an den Wolf, der vor wenigen Monaten 30 Schafe gerissen hat. Diese Dimension muss klar werden. Das Füttern von Wölfen und ihre Gewöhnung an den Menschen ist keine Kavaliersdelikt, sondern eine ernste Straftat!

In diesem Sinne: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, unseren Wohlstand zu sichern, ohne das Leben – so wie es auch sich selbst heraus beschaffen ist – zu gefährden.

Denn wie wäre die Welt ohne den Stichling? Bestimmt einsamer und etwas langweilig.

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