Wir brauchen eine neue, abgesicherte und verlässliche Landesplanung

(Es gilt das gesprochene Wort.)

„Ich danke der Landesregierung für die Entwicklung des von der Koalition eingebrachten Gesetzesentwurfs. Gemeinsam mit Hamburg wollen wir Norddeutschland zum Zentrum der Energiewende machen und unsere Schleswig-Holsteinische Windenergie ist der Motor, die treibende Kraft dahinter. Im Moment läuft es allerdings nicht ganz rund im Maschinenraum. Das von Umweltminister Habeck ausgerufene Ziel eines geregelten, umsichtig geplanten Windenergieausbaus auf 300 Prozent des Eigenbedarfs ist durch die Urteile des Oberverwaltungsgerichts in Frage gestellt. Dieses Problem müssen wir nun – nicht hektisch aber zeitnah – gemeinsam beheben.

Was wir jetzt brauchen ist eine neue, abgesicherte und verlässliche Landesplanung.

Die Aufstellung neuer Regionalpläne aber braucht Zeit, in der zu gewährende Baugenehmigungen dem Ergebnis des Planungsverfahrens vorgreifen und es konterkarieren können. Wir stehen deshalb klar hinter dem Ziel, bis zur Fertigstellung der neuen – und dann hoffentlich rechtmäßigen – Regionalpläne Wildwuchs zu verhindern.

Bei diesem Ziel sind wir uns also einig.

Mit dem gewählten Verfahren sind wir aber weniger zufrieden. Dass die Landesregierung einen Gesetzesentwurf entwickelt – oder genauer gesagt: entwickeln lässt – und diesen dann über die Fraktionen in den Landtag spielt, ist ausgesprochen bedenklich. Ja, es ist Usus und wird nicht nur in Schleswig-Holstein so praktiziert. Auf Bundesebene wird so gelegentlich das Vorbefassungsrecht des Bundesrates ausgehebelt, hier bei uns wird jedenfalls die Anhörung der kommunalen und sonstigen Verbände umgangen.

Wenn eine Angelegenheit so eilig ist, dass man diese Verfahren nicht einhalten kann, dann sollte man sich eher fragen, warum nicht der Landtag selbst aktiv wird. Und wenn ihm die dazu nötigen Mittel fehlen – sei es in Form von Personal oder Geld – dann müssen wir uns fragen, warum das oberste Organ der politischen Willensbildung in Schleswig-Holstein nicht genug Mittel hat, um derartige Anforderungen zu erfüllen.

Viel gravierender ist allerdings, dass erste und zweite Lesung nebst einer abgespeckten Form einer Anhörung innerhalb einer Tagung erfolgen sollen. Wir haben ein solches Eilverfahren bereits im Januarplenum 2013 beim Sparkassengesetz abgelehnt und wir bleiben auch jetzt dabei:

Eine ordentliche Befassung der Ausschüsse einschließlich einer Anhörung zu Auswirkungen und Risiken eines Gesetzesentwurfs ist unabdingbar. Das mag das Risiko steigern, dass zwischenzeitlich außerhalb einer Landesplanung Windkraftanlagen zugelassen werden müssen. Dem gegenüber steht aber die Verpflichtung des Parlaments, sich ausgiebig und umfassend mit unseren Beratungsgegenständen auseinander zu setzen.

Diese wird in der Rhetorik der Eile leider all zu schnell ignoriert. Nicht nur die Landesregierung muss sich bei ihren Entwürfen von der Verfassungskonformität überzeugen. Der Landtag ist auch selbst hierzu verpflichtet. Das gilt bei einem Entwurf der Landesregierung vor allem dann, wenn der übliche Weg der Einbringung von Regierungsentwürfen nicht eingehalten wurde.

Das gilt in der aktuellen Situation auch deshalb, weil auch im Falle der Verfassungswidrigkeit ein hinreichend effektiver Rechtsschutz für die betroffenen Personen nicht existiert. Alleine die Verfahrensdauer sichert auch im Falle der Verfassungswidrigkeit die Landesplanung und verhindert dadurch möglicherweise die Durchsetzung bestehender Rechte.

Wenn dem Land aufgrund entgegenstehenden Bundesrechts keine Möglichkeit zur Absicherung der neuen Regionalplanung zur Verfügung stehen sollte, dann ist das ärgerlich. Es wäre arg bedenklich, wenn wir als Landesgesetzgeber dann in Kenntnis des fehlenden, effektiven Rechtsschutzes ein möglicherweise verfassungswidriges Gesetz auf den Weg bringen.

Und hier bestehen Bedenken an der Verfassungskonformität, die es zu klären gilt.

Prof. Becker hat erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit dieses neuen Landesplanungsgesetzes mit Bundesrecht angemeldet. Ich will und kann nicht abschließend beurteilen, ob diese Auffassung zutreffend ist. Wenn aber zwei so renomierte und fachlich versierte Personen so konträre Standpunkte vertreten, sollte eine richtige Anhörung selbstverständlich sein. Zur Klärung dieser Frage gibt es Anhörungen und natürlich den wissenschaftlichen Dienst des Landtags. Für mich gehört dazu auch die Anhörung weiterer Juristen.

Natürlich steht es dem Landtag frei, der Rechtsauffassung von Prof. Ewer zu folgen – aber eben erst, nachdem er sich in der Sache mit beiden Auffassungen tatsächlich auseinandergesetzt hat.

Ohne diese Anhörung werden wir den Gesetzesentwurf am Freitag ablehnen müssen.

Vielen Dank.“

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