Die Beschäftigten brauchen und verdienen unseren Respekt. Dieser fehlt im Justizministerium seit Jahrzehnten.

Zur Landtagsdebatte „Fürsorgepflicht des Dienstherrn wahrnehmen – Justizvollzugsbedienstete nicht allein lassen“ erklärt der justizpolitische Sprecher der Piratenfraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Wolfgang Dudda:

(Es gilt das gesprochene Wort!)

„Eingangs möchte ich der Kollegin Ostmeier von der CDU-Fraktion ausdrücklich für ihren Antrag danken. Wie sehr das fehlt, was der Antrag formuliert, wurde ja beim Bericht des Ministerpräsidenten vor zwei Wochen im Innen- und Rechtsausschuss überdeutlich. Dass bis zu diesem Tag keinerlei proaktive Betreuung zur Überwindung bzw. Bearbeitung der posttraumatischen Belastungen für den als Geisel genommenen Bediensteten der Justizvollzugsanstalt Lübeck erfolgt war, ist beschämend. Dass hier – anders als bei Polizei zum Beispiel – keine Automatismen greifen, die schnell und kompetent fachkundige Hilfe anbieten, wirft viele Fragen auf. Diese Fragen richten sich allerdings nicht allein an die aktuelle Landesregierung. Nein, diese Fragen betreffen ausdrücklich auch alle anderen, die hier Verantwortung getragen haben. Ganz besonders spreche ich jedoch die Leitung der Abteilung für den Justizvollzugdienst im Justizministerium an. Nach meiner festen Überzeugung wurde dort nahezu alles verschlafen, was mit moderner Personalführung und zeitgemäßer Wahrnehmung der Fürsorgepflicht zu tun hat.

Dies gilt nicht erst seit Anke Spoorendonk dafür verantwortlich ist!

Viel zu spät wurde das getan, was woanders seit langem Standard ist. Das betriebliche Gesundheitsmanagement wurde erst vor wenigen Jahren mit den Personalräten eingerichtet. Das hätte angesichts der dramatischen Krankenstände insbesondere, was die Langzeiterkrankungen angeht, schon sehr viel früher geschehen müssen.

Von den Rückkehrgesprächen nach dem SGB bis hin zur Gesundheitsprävention befindet sich das alles noch in den Kinderschuhen und entspricht mitnichten dem, was die Beschäftigten brauchen. Sicherlich: Es finden Befragungen statt. Diese werden sogar ausgewertet. Nur was nützt all das, wenn diese überwiegend nicht sehr angenehmen Erkenntnisse in „Softberichten“ versteckt werden? Ich zitiere dazu aus einer mir vorliegenden Mail eines bzw. einer Angehörigen der eingerichteten Lenkungsgruppe: „…Ebenfalls zur Vermeidung weiterer Gerüchte teile ich noch einmal mit, dass Herr Dr. B. In der letzten Lenkungsgruppensitzung anwesend war und hinsichtlich des Ergebnisses von einem „Softbericht“ gesprochen hat, der dann anlässlich des Endergebnisses heraus gegeben werden soll…“

Wir, das Land und die Bediensteten im Justizvollzug im Besonderen brauchen Klartext und nicht Softberichte!

Wenn also schon die Analyse, die Ermittlung des Status quo nicht schonungslos geschieht, wie soll dann ernsthaft damit begonnen werden, endlich die Fürsorgepflicht zeitgemäß wahrzunehmen?

Ich kann die Beschäftigten im Justizvollzugsdienst sehr gut verstehen, die sich nur widerwillig oder mit großer Skepsis auf ein Gesundheitsmanagement einlassen, das
anscheinend mehr dem Schönreden von hässlichen Dingen dient als ihrem eigenen
Wohl!

Ohne gegenseitiges Vertrauen, ohne echte Wertschätzung und ohne Schulung der
Leitungsebene wirkt ein „aufgesetztes“ Betriebliches Eingliederungsmanagement sogar kontraproduktiv. Die Beschäftigten brauchen und verdienen unsere Wertschätzung, unseren Respekt und entsprechend dann auch eine echte Fürsorge. Etwas anderes ist übrigens auch mit Blick auf den demographischen Wandel nicht zulässig, wenn wir einen funktionsfähigen Strafvollzug sicherstellen wollen.

Die Folgen von posttraumatischen Belastungsstörungen wurden insgesamt viel zu lange unterschätzt und oft genug nicht als Folgen einer im Dienst erworbenen Schädigung anerkannt. Man kann feststellen, dass der hier erforderliche Wandel erst vor etwa 15 Jahren begonnen hat. Sukzessive erkannte man vielfach hier den nötigen Handlungsbedarf. Die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Länderpolizeien – auch unsere Landespolizei – richteten sich darauf ein und halten die erforderlichen proaktiven Betreuungsangebote vor. Dazu wurden und werden externe Kräfte eingebunden und eigene Kräfte geschult. Das trägt der wissenschaftlichen Erkenntnis Rechnung, dass sich eine posttraumatische Belastungsstörung beim Betroffenen keinesfalls unbehandelt manifestieren darf, weil sie dann um so schlechter behandelbar wird.

Bereits im November 2009 forderte die Gewerkschaft der Polizei – Regionalgruppe
Justizvollzug – vom Justizministerium ein entsprechendes Konzept. Beispiele wie das,
das in der Gewerkschaftszeitung „Der Schlüssel“ genannt wird, müssen möglichst bald der Vergangenheit angehören: „Es weigert sich ein Justizvollzugsbediensteter erst nach 3 Monaten, sich wieder zum Frühdienst einteilen zu lassen, weil er beim morgendlichen Aufschluss einen erhängten Gefangenen in der Zelle aufgefunden hat.“

Das muss auch deshalb der Vergangenheit angehören, weil nur mit gesunden, leistungsfähigen und -bereiten Justizvollzugsbediensteten ein moderner, liberaler Strafvollzug möglich wird. Ich mag nach wie vor den zugegeben semantischen Satz, dass ich mir einen entlassenen Strafgefangenen als Nachbarn vorstellen können möchte. Genau das wird aber nur möglich sein, wenn nicht im übernächsten Haus
ein unbetreuter dauerkranker Justizvollzugsbedienster seinem Dienst fernbleiben muss, weil er ihn nicht mehr aushält.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!“

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    Frank Poschau
    23. Februar 2015 um 09:11 Uhr

    „Die deutsche Justiz birgt jedes Verbrechen, die wenigsten Verbrecher stehen vor dem Richterpult, sie sitzen hinter dem Richterpult, tragen schwarze oder rote Roben. Wie 1942 bedienen die Richter ihre Gläubiger in der Politik und der Wirtschaft.“

    Volksdichter
    Frank Poschau

    Im Namen des Volkes

    Von Menschen die Richter sind,
    erhoben – hochgediente Könige,
    Urteil nicht das Recht bringt,
    ihr Gerichtssaal, ihr Thron.

    Jeher auch Diener der Politik,
    Tod gesprochen in Volkes Namen,
    wer Macht hat, ihm sein Recht gibt,
    schwarze Roben, Totengräber.

    Unser Rechtssystem neu erdacht,
    nach Mord, auch von Handlangern,
    System, gebt auf die Akteure acht,
    ein Hinweis aus Erfahrung birgt.

    Jeder studiert Recht, man kennt sich,
    Anwalt, Staatsanwalt, Richter,
    viel zu tun, Politiker, man tut sich nichts,
    Geld fließt ob Recht oder beide Augen zu.

    Gerichte werden zum Marktplatz,
    Aufstieg, Verfahren zu Handelswaren,
    wer Geld hat schafft den Dreisatz,
    die anderen fressen den Dreck.

    Im Namen des Volkes was zerbricht,
    Rechtssystem am Leben die Grundlage,
    wenn man Recht in Hochmut bemisst,
    Richter Mittäter, wissend ohne Gnade.

    Volksdichter
    Frank Poschau
    07.07.13
    http://www.frank-poschau.jimdo.com