Aus Atommüll wird niemand politisches Kapital schlagen

In der Plenarsitzung am 23. Januar 2015 beschäftigte sich der Landtag mit einem Dringlichkeitsantrag zum Atommüll-Zwischenlager in Brunsbüttel. Hierzu der Abgeordnete Dr. Patrick Breyer für die Piratenfraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag:

„Ich kann nur wiederholen, was meine Fraktionskollegin Angelika Beer schon im September gesagt hat: Wir haben es mit einem Problem zu tun, das nach unserem heutigen, technischen Vermögen nicht lösbar ist. Und deshalb sollten wir auch endlich damit aufhören so zu tun, als ob irgendjemand wirklich wüsste, was jetzt genau zu machen ist. Wir, sie, ich wissen es schlicht nicht.

Dass wir diese Debatte immer wieder führen müssen, ist nur der Beleg dafür, dass die Politik mit dem Problem überfordert ist. Es war grob fahrlässig, in die Nutzung der Atomenergie einzusteigen. Es wäre noch fahrlässiger jetzt nicht umfassend auszusteigen.

Es ist völlig unpassend, dass die FDP versucht, mit einem populistischen Antrag politisches Kapital aus diesem ernsten Problem zu schlagen.

Wir müssen den Menschen jetzt offen und ehrlich sagen, wie die Lage ist. Die Spatzen pfeifen es ohnehin von den Dächern. Niemand wird Vertrauen in die Politik zurückgewinnen, wenn noch immer Parteiprofilierung die Handschrift der Anträge prägt und nicht die Bereitschaft, dieses unglaubliche Problem irgendwann lösen zu können. Wie heißt es doch bei Schiller: „Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht.“ Dieses ‚Feuer Atommüll‘ aber, kann kein Mensch bezähmen.

Man kann bei der Frage der Verbringung der Castoren durchaus unterschiedlicher Meinung sein, aber irgendwo in Deutschland müssen sie hin. Das Dilemma nach dem Urteil ist jetzt, dass kein Zwischenlager in Deutschland geeignet ist, Castoren aufzunehmen.

Dass diese Frage so kompliziert ist hat sich niemand von uns ausgesucht, aber die Landesregierung – soviel Respekt muss man dann schon aufbringen – vertagt das Problem nicht, sondern bekennt sich dazu, dass eine Lösung her muss. Der Ministererlass
zur Duldung des Atommüllzwischenlagers ist keine Lösung von Dauer. Machen wir uns auf den Weg, gemeinsam eine zu suchen.“

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2 Kommentare

  • 1
    Rainer Klute
    29. Januar 2015 um 18:27 Uhr

    »Wir haben es mit einem Problem zu tun, das nach unserem heutigen, technischen Vermögen nicht lösbar ist.«

    Das ist schlicht falsch. Lösungen sind seit langem nicht nur theoretisch bekannt, sondern in Form von Schnellen Reaktoren auch technisch umgesetzt, zuletzt in Form des russischen Reaktors BN-800, der seit sieben Monaten fleißig dabei ist, Plutonium zu vernichten.

    Wir haben es beim Atommüll vielmehr mit einem Problem zu tun, das nach dem heutigen Zeitgeist in Deutschland gefälligst als nicht lösbar zu gelten hat. Laßt uns gemeinsam diese Einstellung ändern, dann gibt es auch in Deutschland Lösungen.

    Rainer Klute
    Nuklearia e.V. (Vorsitzender)

  • 2
    Frank Heinze
    5. Februar 2015 um 15:33 Uhr

    Zitat: “ Dieses ‘Feuer Atommüll’ aber, kann kein Mensch bezähmen.“

    Nun, da lassen wir mal die echten Linken sprechen. Boliviens Vizepräsident Alvaro Garcia Linera erklärte am 21. August 2014 in einer mitreißenden Rede zum Abschluß des VII. Internationalen Kongresses Öl und Gas in Santa Cruz:

    Eine Nation, die etwas auf sich hält, muß die Kernenergie meistern!

    „Sowohl Nutzung als auch Ausbildung im Bereich der Kernenergie fallen in unsere gesellschaftliche und staatliche Verantwortung. Wir haben diese Entscheidung getroffen und wir werden uns von ihr leiten lassen. In den kommenden Jahren werden wir ein Programm für die friedliche Nutzung der Kernenergie, verbunden mit medizinischen und landwirtschaftlichen Zielen, einführen. Wie auch immer es aussehen wird, wir werden eine Elite, einen Kern von Denkern haben, die weltweit mit den entsprechenden Fachleuten verbunden sein werden. Das wird Bolivien ermöglichen, daß Feuer des 21.Jahrhunderts, die Kernenergie, zu entdecken und zu nutzen.

    Und Kernenergie ist das Feuer des 20. und 21. Jahrhunderts. Es ist jenes Feuer, welches unsere Vorfahren vor 20.000 Jahren nutzten und welches ihnen erlaubte Philosophie, technische Wissenschaften, Kultur und Landwirtschaft zu betreiben. Kenntnisse über das Atom, seine Regelmäßigkeiten und seine Funktionen sind der Prüfstein des 20. und 21. Jahrhunderts, der fundamentale Kern des neuen Wissens und neuer Technologien, neuer Theorien und neuer Produktionsweisen.

    Bolivien kann nicht an der Peripherie bleiben, wenn es wahr ist, daß die Kenntnisse über das Atom… das heilige Feuer des 20. und 21. Jahrhunderts sind, im gleichen Sinne wie es das Feuer der Jäger und Sammler vor 20.000 Jahren war. Eine Gesellschaft die heutzutage geachtet wird – und wir halten unsere Selbstachtung hoch – kann nicht am Rande stehen. Und wir werden nicht am Rand bleiben. …

    Feuer an sich ist nicht zerstörerisch, genausowenig wie die Kernkraft. Es kann eine kreative, produktive Kraft des Lebens oder eine zerstörende Kraft sein.

    Kernenergie existiert unabhängig von uns. Diese Prozesse finden in der Natur statt, im menschlichen Körper, in physikalischen und chemischen Vorgängen. Die Frage ist, ob wir die Fähigkeit als Gesellschaft haben, diese Kraft zu entdecken, sie zu respektieren und wissen werden, wie wir sie gemeinschaftlich und human zum Nutzen aller einsetzen können…

    Laßt uns die geistigen und kolonialen Ketten brechen; brecht sie! Laßt es uns wagen, die Höhle zu verlassen, wie es unsere Vorfahren vor 20.000 Jahren getan haben. Laßt es uns wagen, unsere Verantwortung vor der Welt, vor unserer Geschichte und unserer Gesellschaft zu übernehmen. Kenntnisse über die Kernenergie sind Kenntnisse über das ABC der Natur…

    Bolivien hat die technische, wissenschaftliche und moralische Verpflichtung, für diese grundlegende Kraft der Natur, die Verantwortung für ihre Nutzung und ihre nutzbringende Entwicklung zu übernehmen.

    Es macht keinen Unterschied wie lange es dauert. Wir werden es machen, weil wir davon überzeugt sind, daß wir damit die Bedingungen für die technologische Entwicklung der Bolivianer für die nächsten 400-500 Jahre festigen können.“