Der heutige Jahrestag ruft unsere Aufgaben in Erinnerung

Dr. Patrick Breyer:

„Heute vor 65 Jahren, am 23. Mai 1949, ist das Grundgesetz in Kraft getreten. Dies hat den Weg zu einem Staat frei gemacht, der für Menschenrechte, Demokratie, Frieden und Freiheit einstehen sollte – mit unantastbaren und einklagbaren Grundrechten für jeden Menschen. Alle staatliche Gewalt wurde in verfassungsmäßige Grenzen verwiesen, die politische Macht unter Aufsicht eines neu geschaffenen Bundesverfassungsgerichts gestellt und dadurch rechtsstaatlich gebändigt.

Dieser Freiheitsordnung konnten in der Folgezeit antidemokratische oder totalitäre Kräfte nie gefährlich werden, weder im Staat noch in den Parteien oder im Rest der Gesellschaft. Statt unüberbrückbarem Dogmatismus kennzeichnen der freie demokratische Meinungswettstreit und die gemeinsame Verantwortung seither die politische Kultur in Deutschland.

Seit 1949 gab es jedoch weit über 50 Änderungen am Grundgesetz. Der Bundestag hat auch unzähligen gesetzlichen Einschränkungen der Freiheitsrechte zugestimmt, insbesondere in der Folge des Menschen verachtenden Anschlags vom 11. September 2001. Aus Angst um die Freiheit drohen wir sie aufzugeben. Das Machtverhältnis zwischen Staat und Bürger verschiebt sich im Informationszeitalter immer weiter zugunsten des Staates. Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker erkannte: ‚Veränderungen pflegen sich allmählich zu vollziehen. Das Ausmaß des Wandels ist größer, als wir es täglich spüren.‘

In ihrer Summe sind die heute geltenden Einschränkungen der Grundrechte im In- und Ausland durch wechselnde Mehrheiten inakzeptabel. Die durch Edward Snowden enthüllten Praktiken ausländischer Regierungen stellen die Erkenntnis der Verfasser des Grundgesetzes auf den Kopf, dass unverletzliche und unveräußerliche Menschenrechte die „Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“ bilden.

Das Grundgesetz mahnt Deutschland, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen. Es ist daher Aufgabe und Verpflichtung aller Menschen die Werte, die durch das Grundgesetz in seiner ursprünglichen Form allen Menschen vermittelt wurden, hochzuhalten, als Leitbild zu beachten und einzufordern.

Der Kern unseres Staatswesens ist die freiheitlich demokratische Grundordnung. Dieser sind Exekutive, die rechtsprechende Gewalt und die Gesetzgeber im Bund und in den Ländern ohne Einschränkung verpflichtet. Die Grundrechte als Schutzrechte der Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat sind unverhandelbar.

Dem fortschreitenden Abbau der Grundrechte entgegen zu treten, ist die größte Herausforderung der nächsten Jahre. Leitbild des Grundgesetzes ist nicht der ohnehin unerreichbare Hochsicherheitsstaat, sondern die freie, offene und vielfältige Gesellschaft. Wir PIRATEN sind nicht nur gewillt, am Gelingen dieses Freiheitsprojekts mitzuwirken. Wir PIRATEN werden dazu gebraucht.“

(Bild: Bundesarchiv, B 145 Bild-F018306-0005 / CC-BY-SA / This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Germany license.)

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1 Kommentar

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    Marc
    26. Mai 2014 um 09:49 Uhr

    Hervorragender Text von der Piratenlandtagsfraktion und besonders von Patrick Breyer! Dafür und für solche Gedanken habe ich euch 2012 gewählt. Lasst euch von den marxistischen Idioten, die ihr noch in der Partei habt nicht aufhalten! Ihr macht größtenteil gute Arbeit.