Hintergrundinformationen: Landesverfassungsgericht entscheidet über Piraten-Klage gegen Extra-Diäten

Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht entscheidet heute über die Klage von drei Abgeordneten der PIRATEN gegen Zulagen, die an bestimmte Abgeordnete zusätzlich zu ihren Diäten gezahlt werden. Konkret wollen wir die an parlamentarische Geschäftsführer gezahlten Diätenzulagen in Höhe von rund 200.000 Euro jährlich kippen.

Die Kläger sind die Abgeordneten der Piratenpartei Angelika Beer, Wolfgang Dudda und Uli König (die übrigen Abgeordneten sind als aktuell oder ehemals Zulageberechtigte nicht beschwerdebefugt). Der Vorsitzende der Piratenfraktion, Torge Schmidt, wird bei der Urteilsverkündung in Schleswig anwesend sein.

Die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen im Schleswig-Holsteinischen Landtag beziehen durch die 45%-ige Zulage eine monatliche Diät von 12.416,86 Euro brutto einschließlich Altersvorsorgebeitrag. Ein so hohes Einkommen haben nur 1% aller Steuerzahler in Deutschland. Die Abgeordnetendiäten sind auch ohne Zulage so hoch, dass sie die Arbeit der parlamentarischen Geschäftsführer angemessen entschädigen (9.028,87 Euro einschließlich Altersvorsorgebeitrag). Diäten-Zulagen schaffen die Gefahr, dass Posten allein aus finanziellen Gründen angestrebt werden. Wir fordern deshalb gleiche Bezahlung für gleiche Abgeordnete anstelle überkommener Hierarchien.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2000 entschieden, dass Funktionszulagen nur für Fraktionsvorsitzende zulässig sind. Wir PIRATEN halten es für inakzeptabel, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag – wie auch viele andere deutsche Parlamente – die Verfassung nicht einhält, wenn es um Abgeordnetendiäten geht. Dies zerstört das öffentliche Vertrauen in die Integrität der Volksvertreter und gefährdet dadurch unsere Demokratie. Informationen zu der bundesweiten Problematik verfassungswidriger Extra-Diäten hat „Report Mainz“ zusammengetragen.

Wir Piraten pochen nicht nur mit dieser Klage, sondern immer wieder darauf, dass Bürgerinteressen vor Eigeninteressen von Abgeordneten gestellt werden, etwa mit der Ablehnung von Fraktionsmittel- und Diätenerhöhungen, mit dem Verzicht auf Dienstwagen und mit meiner Rückzahlung von Zulagen in Höhe von über 33.000 Euro an das Land. Wir haben einen Gesetzentwurf zur Veröffentlichung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten ebenso eingebracht wie einen Antrag zur Kenntlichmachung der Übernahme externer Gesetzentwürfe („Gesetzgebungs-Outsourcing“). Die Integrität des Staates und Antikorruption ist ein Kernanliegen der PIRATEN, dem auch ein eigenes Kapitel in unserem Bundestagswahlprogramm gewidmet war.

DIE VOR GERICHT GEWECHSELTEN SCHRIFTSÄTZE

DER ZEITLICHE ABLAUF DER EREIGNISSE RUND UM UNSERE BESCHWERDE

  • 21. Juli 2000: Bundesverfassungsgericht erklärt Extra-Diäten für verfassungswidrig (Ausnahme: Parlamentspräsidenten und Fraktionsvorsitzende).
  • 9. Mai 2003: Der Schleswig-Holsteinische Landtag musste sein Vorhaben zurücknehmen, die Abgeordnetendiät von 3.927 Euro auf 5.700 Euro anzuheben. Finanziert werden sollte die Diätenerhöhung durch neue Schulden.
  • 1. Juni 2006: Der Schleswig-Holsteinische Landtag beschließt mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP, Grünen und SSW ein neues Abgeordnetengesetz, das Extra-Diäten nicht nur für Parlamentspräsidenten und Fraktionsvorsitzende, sondern auch für die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen vorsieht. Er beruft sich auf die Empfehlungen einer Expertenkommission, deren Mitglieder er selbst ausgewählt hat.
  • 6. Mai 2012: Die Piratenpartei zieht mit 8,2% der Stimmen in den Schleswig-Holsteinischen Landtag ein. Im Wahlprogramm heißt es: „Die verfassungswidrigen Zulagen an die parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführer, die das Bundesverfassungsgericht schon vor Jahren als Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Abgeordneten verboten hat, wollen wir abzuschaffen.“
  • 9. August 2012: Der Finanzausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags erhöht trotz scharfer Kritik des Landesrechnungshofs, der Piraten, des Steuerzahlerbunds und der Öffentlichkeit die Fraktionsmittelsätze um 33%, dagegen stimmen nur die Piraten.
  • 27. September 2012: Der Schleswig-Holsteinische Landtag beschließt eine automatische jährliche Diätenerhöhung, dagegen stimmen nur die Piraten.
  • 30. Oktober 2012: Die Abgeordneten Angelika Beer, Wolfgang Dudda, Uli König und Sven Krumbeck legen beim Landesverfassungsgericht Beschwerde gegen die Extra-Diäten für parlamentarische Geschäftsführer ein. Die Abgeordneten Patrick Breyer und Torge Schmidt sind als Zulageberechtigte nicht beschwerdebefugt. Torge Schmidt legt seine Diätenzulagen bis zur Entscheidung des Gerichts zurück, Patrick Breyer zahlt seine Extra-Diäten an das Land zurück (ca. 33.000 Euro).
  • 1. Juli 2013: Die Diäten steigen im Jahr 2013 um 3,5%. Abgeordnete erhalten einschließlich Altersvorsorgebeitrag 9.028,87 Euro brutto monatlich, die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen 12.416,86 Euro. Ein so hohes Einkommen erzielen nur 1% aller Steuerzahler, der Durchschnittsverdienst von Arbeitnehmern in Schleswig-Holstein liegt bei 2.321 Euro.
  • 9. August 2013: In der mündlichen Verhandlung wird die Beschwerde des Abgeordneten Sven Krumbeck für erledigt erklärt, nachdem dieser zum neuen parlamentarischen Geschäftsführer der Piratenfraktion gewählt worden war.
  • 30. September 2013, 12 Uhr: Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht verkündet sein Urteil. Es wird hier nachzulesen sein.
, , , , , , Kommentar schreiben

Comments are closed here.