Angelika Beer: Nur ein Fracking-Moratorium bietet wirkliche Sicherheit

Die Umweltpolitische Sprecherin der Piratenfraktion, MdL Angelika Beer, hat sich im Plenum des Schleswig-Holsteinischen Landtags für ein Fracking-Moratorium eingesetzt. Niemand könne den Menschen in Schleswig-Holstein garantieren, dass ihr Trinkwasser vor Fracking-Giften sicher sei: „Die über Fracking gewinnbaren Gasvorkommen in Deutschland sollen angeblich ausreichen, um unseren Bedarf 10 Jahre lang zu decken. 10 Jahre?! Was ist denn dass für eine Perspektive? 10 Jahre Gas, um dann 20 oder 30 Jahre später festzustellen, dass man da Gifte im Boden versenkt hat, die niemand mehr rausbekommt?“

Angelika Beer: „Wenn wir die Verunsicherung und Angst in der Bevölkerung wirklich beiseite räumen, wenn wir das Versprechen, dass es in Schleswig-Holstein kein Fracking geben wird, wirklich rechtssicher einlösen wollen, dann brauchen wir ein Moratorium.“

[Für den nachfolgend wiedergegebenen Redetext der MdL Beer gilt: Sperrfrist bis zur Beendigung der Rede im Plenum des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Es gilt das gesprochene Wort!]

Anrede,
wir haben im Dezember fraktionsübergreifend beschlossen, dass wir Fracking in Schleswig-Holstein nicht wollen! Nach wie vor sind die möglichen Folgen des Fracking für Natur und Mensch nicht absehbar. Nach wie vor kann niemand von uns den Menschen garantieren, dass ihr Trinkwasser wirklich vor den Fracking-Giften sicher ist. Und trotz aller Worte und Erklärungen ist Fracking nach wie vor nicht auszuschließen.

Um deutlich zu machen, warum das ein Problem ist, möchte ich Ihnen vorlesen, welchen Auftrag wir der Landesregierung im Dezember mit auf den Weg gebeten haben (Zitat):

„Die Landesregierung wird gebeten, keine Genehmigungen für die Aufsuchung und Erkundung unkonventioneller Erdgas- und Erdöllagerstätten unter Einsatz von umweltgefährdenden Substanzen zu erteilen und alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um Fracking in Schleswig-Holstein zu verhindern.“

Dieser Bitte konnte die Landesregierung leider nicht nachkommen. Heute vor einer Woche hat sie Aufsuchungsanträge genehmigt. Nicht, weil sie sie genehmigen wollte, sondern weil sie genehmigen musste.

Der CDU-Kreistagsabgeordnete Johann-Heinrich Karstens kommentierte das im Schleswig-Holstein-Magazin folgendermaßen: „Ich kann mich darüber ärgern, dass wir da nicht mehr zum Zuge kommen. Wir als die Bürger. Es wird über unsere Köpfe hinweg entschieden und das ist überhaupt nicht das Ding, wo ich mit leben kann.“

Und dann sagte Herr Karstens noch ganz deutlich, wo der Hund begraben liegt: „Wenn wir uns nicht gegen Fracking wehren können, dann muss das Bergrecht geändert werden.“

Genau das hat die Landesregierung jetzt vor, und ich glaube wir alle begrüßen das – auch wenn die Regierung viel zu lange mit der Bundesratsinitiative gewartet hat. So wird die Bundesratssitzung morgen das Thema nicht behandeln, sondern frühestens im Mai.
Ob die Bundesratsinitiative der Landesregierung schlussendlich Erfolg haben wird, steht in den Sternen.

In den Ausschüssen und im Ministerium wurde immer wieder darauf hingewiesen, wie schwierig es sei, eine Modernisierung des völlig veralteten Bergrechts zu erwirken. Diese wichtige und angesichts des Fracking dringliche Reform wird nur länder- und parteiübergreifend möglich sein.

Wir müssen den Menschen also ehrlicherweise sagen, dass wir nach wie vor lediglich die bloße Hoffnung und keinerlei rechtliche Garantien dafür haben, dass der Schutz des Wassers im jeweiligen Einzelfall, in jedem einzelnen Antrag, Fall für Fall erneut Vorrang vor der Ausbeutung von Bodenschätzen haben wird.
Die Landesregierung hat es bislang nicht geschafft, auch für die Bürgerinnen und Bürger Rechtssicherheit zu schaffen. Deshalb ist es für eine Entwarnung viel zu früh, deshalb ist die Aufgabe noch nicht getan.

Dass der Umweltminister dem Fracking nun über den Landesentwicklungs­plan einen Riegel vorschieben möchte, finde ich gut und auch meine Fraktion begrüßt das ausdrücklich. Bedauerlich ist bloß, dass diese Lösung nur vorübergehend funktioniert.

Sie haben gesagt, Herr Minister, dass wir jetzt drei Jahre Zeit haben um unsere politischen Hausaufgaben zu machen. Eine Atempause also, aber immer noch keine Sicherheit.

Eine weitere Hoffnung, die Umweltverträglichkeitsprüfung, scheint auch nicht wirklich zielführend zu sein. Auf eben jene haben sich die Bundesminister Herr Altmaier und Herr Rösler vor wenigen Wochen geeinigt.
Merkwürdig ist, dass sie ihren gemeinsam gefassten Beschluss völlig unterschiedlich interpretieren. Während der eine sagt, dass Fracking nun sicher verhindert werden kann, meint der andere, die Ausbeutung von Öl- und Gas sei damit möglich. Und darüber, Herr Habeck, sind wir genauso irritiert wie Sie!

Das ist so, als würden zwei in einem Boot sitzen und laut rufen: „Wir kommen voran! Wir kommen voran!“ Was aber keiner von beiden sagt ist, dass sie in unterschiedliche Richtungen paddeln. Rechtssicherheit und Verlässlichkeit gehen jedenfalls anders! Das scheinen auch immer mehr Unionspolitiker so zu sehen, die jetzt fordern, dass das Einbringen von giftigen Stoffen in die Erde verboten werden soll.

Ob die amtierende Bundesregierung die Kraft hat, einer Reform des Bergrechts in Angriff zu nehmen, dass erscheint vor diesem Hintergrund und angesichts der ewigen, inneren Querelen mehr als fragwürdig.
Ohne die Nachhilfestunden des Bundesverfassungsgerichts würde diese Regierung vermutlich gar nichts mehr bewegen. Die Frage ist also, ob wir uns von solchen Verwaltern wirklich abhängig machen wollen?

Ich möchte das nicht, denn mir sind da insgesamt viel zu viele Fragezeichen!

Umweltverträglichkeitsprüfung: ungewiss
Änderung des Bergrechts: nicht klar, ob es gelingt
Landesentwicklungsplan: nur eine vorübergehende Lösung

Und deshalb sage ich: Wenn wir die Verunsicherung und Angst in der Bevölkerung wirklich beiseite räumen, wenn wir das Versprechen, dass es in Schleswig-Holstein kein Fracking geben wird, wirklich rechtssicher einlösen wollen, dann brauchen wir ein Moratorium. So, wie es die Grünen in Hamburg fordern und so, wie es die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen beschlossen hat.

Dazu braucht es etwas Mumm, das ist richtig. Aber vielleicht hilft es der Landesregierung, sich an das berühmte Zitat von Willi Brandt zu erinnern und dann auf norddeutsch zu sagen: „Butter bei die Fische! Wir machen den Sack jetzt dicht!“

Hier und heute – auch angesichts des internationalen Tages des Wassers morgen – können wir ein politisches Zeichen setzen!

Lassen Sie mich auf eine weitere Forderung unseres Antrages eingehen: Die Offenlegung der Aufsuchungsanträge. Dies ist vielleicht der einzige Punkt, in dem wir wirklich unterschiedlicher Meinung sind. Während wir seit Wochen fordern, dass die Gebiete, für die Anträge vorliegen, öffentlich bekannt gegeben werden müssen, zieht sich die Landesregierung darauf zurück, dass das nicht möglich sei, weil das Betriebsgeheimnis der Antragsteller davon berührt wäre.

Diese Haltung lehnen wir Piraten ab, weil sie zum einen intransparent ist und dem berechtigten Beteiligungsinteresse der Menschen in den betroffenen Gebieten zuwider läuft.
Und jenen Konzernen, die Anträge gestellt haben und stellen werden in Schleswig-Holstein, und die sich allesamt auf das anachronistische Bergbaurecht und das Recht, die letzten Ressourcen unseres Planeten unter weitestgehender Geheimhaltung zu plündern, berufen, sage ich: Sie müssen sich nicht wundern, wenn in Kürze die Bürgerinnen und Bürger auch bei ihnen vor der Tür stehen und protestieren. Unsere Mitbürger werden nicht mehr akzeptieren, dass Profitgier höher gestellt wird als die Sicherheit unseres Trinkwassers.
Wenn die Landesregierung den gemeinsamen politischen Willen heute aus rechtlichen Gründen noch nicht umsetzen kann, weil das Bergrecht dem im Wege steht, dann werden nach ungehörten Petitionen und Bürgerbegehren die Betroffenen sich direkt an die Verursacher wenden.

Dass wir Piraten die Ausbeutung fossiler Rohstoffen grundsätzlich in Frage stellen, möchte ich nicht verheimlichen. Unser Parteiprogramm enthält die Forderung, dass das Bergrecht durch ein neu zu schaffendes Umweltgesetzbuch ersetzt werden muss. Dahinter steht die Einsicht, dass fossile Rohstoffe endlich sind und uns früher oder später ohnehin nur Erneuerbare Energien zur Verfügung stehen. Die immer abenteuerlichere Ausbeutung der letzten fossilen Rohstoffe blockiert aber die notwendige Umstellung auf die Erneuerbaren.

Die über Fracking gewinnbaren Gasvorkommen in Deutschland sollen angeblich ausreichen, um unseren Bedarf 10 Jahre lang zu decken. 10 Jahre?! Was ist denn dass für eine Perspektive? 10 Jahre Gas, um dann 20 oder 30 Jahre später festzustellen, dass man da Gifte im Boden versenkt hat, die niemand mehr rausbekommt?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Wenn wir das verhindern wollen, dann müssen wir ganz entschlossen und konsequent sagen: Wir brauchen ein Moratorium, denn das ist der einzige Weg, um Fracking wirklich sicher zu verhindern.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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