Angelika Beer: Flüchtlinge menschenwürdig behandeln

Die Piratenabgeordnete Angelika Beer hat in der Plenardebatte des Schleswig-Holsteinischen Landtags über die Weiterentwicklung des Asylrechts gesprochen und erklärt: „Flüchtlinge werden in unserem Land leider immer wieder faktisch wie Kriminelle behandelt und in Lagern fernab der Öffentlichkeit kaserniert. Solche Zustände wollen wir beenden.“

Die Piratenabgeordnete Beer spricht sich in ihrer Rede für eine Abschaffung der Residenzpflicht aus. Die Piraten lehnen laut MdL Beer Freizügigkeitsbegrenzungen nichtkrimineller Menschen grundsätzlich ab und sehen sich darin auch durch eine kürzlich verkündete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestärkt. Die bisher praktizierte Flüchtlingsdiskriminierung müsse laut MdL Angelika Beer umgehend beendet werden.

[Für den nachfolgend wiedergegebenen Redetext der MdL Beer gilt: Sperrfrist bis zur Beendigung der Rede im Plenum des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Es gilt das gesprochene Wort!]

Anrede,

In der Piratenfraktion haben wir uns über den Antrag der FDP zur Abschaffung des generellen Arbeitsverbots für Asylbewerberinnen und Asylbewerber gleichzeitig gefreut und geärgert.

Gefreut haben wir uns, weil es – wie die FDP-Fraktion ganz richtig schreibt – dringend an der Zeit ist, mit dieser Diskriminierung von Flüchtlingen aufzuhören. Flüchtlinge werden in unserem Land leider immer wieder faktisch wie Kriminelle behandelt und in Lagern fernab der Öffentlichkeit kaserniert. Solche Zustände wollen wir beenden, und da freuen wir uns über Bemühungen von allen Seiten.

Geärgert haben wir uns deshalb, weil der Antrag eben jenen „Ressentiments“, die er bekämpfen will, ganz offensichtlich selbst noch verhaftet ist! Wie kann es sein, dass eine FDP, die sich in der Vergangenheit mal als Bürgerrechtspartei verstand, überhaupt weiter an ungerechtfertigten Einschränkungen der Bürgerrechte wie etwa durch die Residenzpflicht festhalten will? Ich zumindest habe Ihren Antrag so verstanden, dass die Residenzpflicht insbesondere im Hinblick auf die Arbeitskraft der Flüchtlinge „gelockert“, nicht jedoch aufgehoben werden soll! Das ist nicht liberal, meine Damen und Herren, das ist autoritär! Aber was erwarte ich hier von einer Partei, deren Vorsitzender erst diese Woche öffentlich seine Ablehnung des NPD-Verbotsantrags damit begründete, „Dummheit könne man nicht verbieten“? Eine Partei, die menschenverachtenden Ausländerhass, den die NPD schürt, als „Dumm“ zu bagatellisieren, sprengt unser Demokratieverständnis.

Zurück zur Freizügigkeit: Ähnliche Einschränkungen des Grundrechts auf Freizügigkeit kennen wir seit der rot-grünen Agenda 2010 übrigens auch gegenüber Erwerbslosen. Auch dort gibt es eine Art Residenzpflicht, welche die Bezieher von ALG II in ihrer Eingliederungs­vereinbarung nötigt, sich nicht weiter als wenige Stunden von ihrem zuständigen Amt wegzubewegen. Eine solche Restriktion steht einer erfolgreichen Suche nach einer Erwerbstätigkeit ja nun offensichtlich entgegen. So etwas muss korrigiert werden!

Sowohl in der Sozialgesetzgebung als auch in der Asylpolitik hat das Bundes­verfassungsgericht in den letzten Jahren immer wieder die Politik in die Schranken des Grundgesetzes verwiesen – und das ist auch gut so! Das Bundes­verfassungs­gericht hat mit wichtigen Entscheidungen zu Existenzminimum und Gleich­behand­lung von Ausländern gegenüber Deutschen unmissverständliche Weichen gestellt. Für uns Piraten ist nicht nachvollziehbar, wie eine liberale Partei eine Freizügigkeitsbegrenzung nichtkrimineller Menschen überhaupt tolerieren kann.

Auf welcher Rechtsgrundlage sollte eine solche Unterscheidung denn beruhen? Das Bundesverfassungsgericht hat unmissverständlich entschieden: „Das Grundrecht steht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu.“ Im Klartext: Die bisher praktizierte Flüchtlings­diskriminierung ist unzulässig und muss umgehend beendet werden!

Eine zögerliche Lockerung in Landesgrenzen oder auch über Landes­grenzen hinaus, wie seit kurzem in Bremen und Niedersachsen – übrigens noch unter schwarz­gelber Regierung – beschlossen wurde, reicht dazu nicht aus; wir brauchen dringend eine umfassende Abschaffung der flüchtlings­diskriminierenden Residenzpflicht.
Deshalb können wir uns dem Antrag der FDP-Fraktion aber auch dem der Koalitionsfraktionen nicht anschließen und wollen mit unserem Änderungsantrag anstoßen, dass
1. das durch nichts gerechtfertigte Arbeitsverbot für Asylbewerber und Asylbewerberinnen komplett aufgehoben wird,
2. der entmündigende Vorrang von Sach- gegenüber Geldleistungen im Asylrecht aufgegeben sowie
3. die ungerechtfertigte Freizügigkeitsbeschränkung durch die Residenz­pflicht abgeschafft wird.

Diese Schritte müssen auf Bundesebene ebenso wie auf Landesebene vollzogen werden. Ich bitte dafür hier und heute um Ihre Unterstützung. Lassen Sie uns diese Ungerechtigkeiten endlich gemeinsam beheben!
Vielen Dank!

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