PIRATEN wirken! [ergänzt]

Zum Ende des Jahres 2012 möchte ich kurz zusammenstellen, was wir sechs Piraten in den ersten acht Monaten seit unserem Einzug in den Schleswig-Holsteinischen Landtag schon konkret erreichen konnten:

  1. Freie Bildung: Eltern schulpflichtiger Kinder und Jugendlicher müssen von den Kreisen nicht mehr zwangsläufig zur Zahlung von Schülerbeförderungskosten herangezogen werden. Durch Abschaffung der obligatorischen Kostenbeteiligung wird vermieden, dass arme Kinder aus Kostengründen nicht zu weiter führenden Schulen geschickt werden. Die Initiative für den entsprechenden Gesetzentwurf ging von uns aus.
  2. Bürgerrechte und Internetfreiheit: Auf unsere Initiative hat sich der Landtag für massive Einschränkungen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Auskunft über Internetnutzer und deren Passwörter ausgesprochen. Die Landesregierung hat im Bundesrat daraufhin ihr Abstimmungsverhalten geändert und eigene Änderungsanträge eingebracht, die teilweise angenommen wurden.
  3. Umweltschutz und Bürgerbeteiligung: Der Landtag hat einen interfraktionellen Antrag gegen den Einsatz des umweltgefährdenden Fracking-Verfahrens zur Erdöl- und Gasförderung verabschiedet. Wir konnten erreichen, dass sich der Antrag bereits gegen die Aufsuchung entsprechender Vorkommen richtet und dass die Forderung nach einer Information der Öffentlichkeit über Aufsuchungs- und Erkundungsvorhaben aufgenommen wurde. Noch in der Diskussion ist unser weiter gehender Antrag, das überkommene Bergrecht insgesamt abzulösen und ein Widerspruchsrecht der Kreise gegen Rohstoffausbeutung auf ihrem Gebiet einzuführen.
  4. Informationstechnik: Unter anderem mithilfe unserer bekannten Schreibmaschinen-Protestaktion und einer einstweiligen Verfügung konnten wir erreichen, dass der Ältestenrat ein schon beschlossenes Laptopverbot wieder aufhob. Seither bedienen sich auch Abgeordnete anderer Fraktionen Laptops in Sitzungen. Ein geplantes Twitter-Verbot während Sitzungen („Paralleldebatten“) konnten wir ebenfalls verhindern.
  5. Transparenz: Wohl als einziges Parlament Deutschlands veröffentlicht der Schleswig-Holsteinische Landtags seit November Tagesordnung und Ergebnisprotokolle seiner Ältestenratssitzungen. Dadurch werden die bisher nicht-öffentlichen interfraktionellen Absprachen erstmals in der Geschichte des Landtags transparent. Den Anstoß dazu haben wir mit einem Geschäftsordnungsänderungsantrag gegeben.
  6. Meinungs- und Informationsfreiheit: Auf unseren Antrag hat sich der Innen- und Rechtsausschuss gegen das geplante Leistungsschutzrecht ausgesprochen, mit dem eine Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet droht. Die Annahme durch den Landtag steht noch aus, ist aber sicher zu erwarten.
  7. Demokratie: Auf unsere Initiative ist ein Gesetzentwurf zur Einführung des Landtagswahlrechts ab 16 Jahre auf den Weg gebracht worden. Die Annahme durch den Landtag steht noch aus, ist aber sicher zu erwarten.

Weitere Initiativen von uns befinden sich noch in der Beratung und haben gute Chancen auf Annahme (z.B. Demokratische Strukturen bei Verwertungsgesellschaften schaffen, Bundesratsinitiative zur Stärkung der Freiheit und der Privatsphäre im Internet, offener Haushalt). Auf unsere eigene offene Arbeitsweise im Unterschied zu den etablierten Fraktionen bin ich schon an anderer Stelle eingegangen (z.B. Umfrage vor der Ministerpräsidentenwahl, öffentliche und live übertragene Fraktionssitzungen, regelmäßig auch in wechselnden Orten Schleswig-Holsteins, Livestreams von Ministergesprächen, Veröffentlichung von Nebeneinkünften, anonymisierte Bewerbungsverfahren).

Insgesamt finde ich sehr erfreulich, was wir in so kurzer Zeit schon alles erreichen konnten. Insbesondere bei der unermüdlichen Durchsetzung von mehr Transparenz, Mitbestimmung der Bürger und Bürgerrechten sind wir PIRATEN unentbehrlich. Dies gilt natürlich auch in anderen Bundesländern, wie eine Zusammenstellung der NRW-Piraten zeigt. Deswegen ist es so wichtig, dass wir PIRATEN 2013 auch die Landtage von Niedersachsen, Bayern und Hessen entern – und natürlich endlich den Bundestag! Ich wünsche erholsame Feiertage und ein erfolgreiches Jahr 2013.

Ergänzung vom 03.03.2012:

Einige weitere Erfolge sind im neuen Jahr bisher zu verzeichnen:

  1. Privatsphäre: Nachdem wir den Einsatz von Handy-Detektoren an Schulen kritisiert hatten, wurden sie vom Bildungsministerium untersagt.
  2. Mitbestimmung: Unter dem Druck einer Volksinitiative für mehr Demokratie in Schleswig-Holsteins Kommunen, an der unter anderem die Piratenpartei beteiligt war, erleichterte der Landtag Bürgerentscheide in Kreisen und Gemeinden deutlich.
  3. Meinungs- und Informationsfreiheit: Auf unseren Antrag hat sich der Landtag gegen das geplante Leistungsschutzrecht ausgesprochen, mit dem eine Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet droht.
  4. Umweltschutz: Nachdem wir Deutschland bei der EU-Kommission angezeigt hatten, weil das toxische Gas-Fracking ohne vorherige Umweltverträglichkeitsprüfung genehmigt werden kann, beschlossen die zuständigen Bundesminister, eine verbindliche Umweltverträglichkeitsprüfung einzuführen. Ergänzung vom 23.03.2013: Nachdem wir ein Fracking-Moratorium beantragt hatten, gab der Umweltminister bekannt, in den nächsten drei Jahren keine Genehmigungen auszusprechen.
  5. Datenschutz: Auf unseren Antrag hat sich der Landtag eine wirksame, gesetzlich verankerte Datenschutzordnung gegeben.

Ergänzung vom 26.04.2013:

  1. Wahlalter 16: Auf unsere Initiative dürfen bei der nächsten Landtagswahl auch 16- und 17-jährige wählen.
  2. Wahlrecht für Nichtdeutsche: U.a. auf unseren Antrag hin wird Schleswig-Holstein eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Grundgesetzes einleiten, damit künftig bei Kommunalwahlen auch dauerhaft hier lebende Nicht-EU-Bürger wählen dürfen.
  3. Bestandsdatengesetz ohne Schleswig-Holstein: Als erster deutscher Landtag hat Schleswig-Holstein auf unsere Initiative eine Zustimmung der Landesregierung zu dem fatalen Gesetz zur Bestandsdatenauskunft über Internetnutzer und Passwörter ausgeschlossen und massive Nachbesserungen gefordert.

Ergänzung vom 23.08.2013:

  1. Sanierung des Nord-Ostsee-Kanals: Der Landtag hat sich auf unseren Antrag für ein Maßnahmenpaket zur Sanierung des Nord-Ostsee-Kanals ausgesprochen.
  2. Veröffentlichung von Managergehältern: Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat auf Initiative der PIRATEN beschlossen, dass die Bezüge und Boni von Managern öffentlicher Unternehmen künftig veröffentlicht werden sollen.
  3. Bürgerbeteiligung bei Großprojekten: In Reaktion auf die Initiative der PIRATEN für eine „Charta für Bürgerbeteiligung bei der Planung von Infrastrukturvorhaben“ hat die Landesregierung eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, die bis 2014 einen Leitfaden „für mehr frühzeitige Transparenz und Beteiligung bei der Planung von Infrastrukturvorhaben“ erarbeiten soll.

Eine vollständige Liste unserer Anträge und Gesetzentwürfe findet sich hier.

21 Kommentare

21 Kommentare

  • 1
    Jacky Neiwel
    21. Dezember 2012 um 14:57 Uhr

    Sehr geil!!!

    Kopiert die Liste doch am Besten mit nem eigenem Menüpunkt auf piratenfraktionen.de !

    Und animiert auch die anderen Fraktionen dies schnellstmöglich in ganz ähnlicher Form zu tun. Die Zeit in Niedersachsen wird langsam knapp! Und die Straßenwahlkämpfer haben vermutlich Smartphones aber nicht unbedingt ein Fotografisches Gedächtnis.

  • 2
    21. Dezember 2012 um 23:20 Uhr

    Habe gerade den Link von @Piratenpartei auf Twitter gelesen.
    Frage mich bei einigen Punkten, ob die Mitwirkung der Piratenpartei nicht eher kontraproduktiv für das demokratische System ist.

    Beispielsweise würde ich gerne wissen, wie das Multitasking mit Laptop dem Gedanken entspricht, der Landtag würde sich in seinen Sitzungen tatsächlich mit Wichtigem befassen. Kann man da nicht auch danach noch googlen, twittern, tumblrn und so weiter?

    Zudem frage ich mich, warum man ab 16 Jahren zu einer Landtagswahl als Wählender zugelassen werden sollte. Im Allgemeinen besteht da die Schulpflicht und in Kontrast dazu oder vielleicht aufgrunddessen auch eine mangelnde politische Bildung.

    Selbstverständlich sollte man der Jugend einen Einzug in die Demokratie ermöglichen, aber der Satz „Das Wahlrecht motiviert Jugendliche, ihre eigenen Anliegen früher in das politische Geschehen einzubringen.“ lässt mich dann im Hinblick auf den Rest der Begründung doch etwas stutzig werden. Kann man denn nicht an Parteisitzungen teilnehmen oder in Jugendverbände eintreten?

    Andererseits finde ich gerade die Forderung nach Transparenz und die Umsetzung in konkrete Gesetzesentwürfe und Anregungen der Piratenpartei SH definitiv gelungen, die anderen Landesverbände können sich an dieser Effizienz durchaus ein Beispiel nehmen.

    • 3
      Jacky Neiwel
      22. Dezember 2012 um 12:06 Uhr

      Egal in welcher Lebensphase man sich grade befindet, man bekommt in Deutschland so gut wie immer die Auswirkungen von politischen Entscheidungen zu spüren. Zur Schule gehen und wählen dürfen, kann also eigtl. kein Widerspruch sein, wie ich finde. Was die PIRATEN damit aber eigtl. viel mehr erreichen wollen, ist dass die Leute sehr früh in politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden, damit sie garnicht erst den Eindruck bekommen, alles wäre in Stein gemeißelt und man könnte sowieso nichts ändern. In einer Gesellschaft zählt das Engagement jedes Einzelnen für den Erfolg. Ich bin kein Pirat, aber ich denke das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich komme aus einem kleinem Dorf, wo es immer selbstverständlich war, dass sich jeder eingebracht hat, der es nur irgendwie konnte völlig egal ob arm oder reich und jung oder alt. Die ganzen Vorurteile kommen doch nur auf, weil die gesellschaftlichen Gruppierungen nicht mehr viel miteinander zu tun haben heutzutage.

      Die Laptops in Landtagen fördern zum einen das Mehraugen und Ohrenprinzip, weil sie dann schneller auf bemerkenswerte Sachverhalte in Reden hingewiesen werden können und zum anderen, können sie auch selbst nachrecherchieren ob das alles so stimmt. Und man ist bestimmt nicht aufmerksamer, nur weil man versucht 12 Stunden am Stück still zu sitzen und zuzuhören. Ohne irgendeine Beschäftigung ist ein Mensch dazu kaum in der Lage.

  • 4
    Kugen
    22. Dezember 2012 um 12:17 Uhr

    Eine gute Idee, dieses Verzeichnis der eigenen Leistungen.

    Allerdings halte ich Wahlrecht ab 16 Jahre für unausgegoren. Kaum ein 16 Jähriger hat die politische Reife, politisches Geschehen beurteilen zu können. Von einer „Steuerung“ über Wahlen ganz zu schweigen. Und wenn dies nur auf der Agenda ist, weil die Piraten unter den 16-18 Jährigen verstärkt Wähler ihrer Partei vermutet, dann ist dies eine Scharade, die man eher der Mafia aus CDUCSUFDPGrüneSPD zutrauen würde.

    Ein Piratensympathisant aus Bayern

    • 5
      Jacky Neiwel
      22. Dezember 2012 um 14:16 Uhr

      Das will ich jetzt mal geklärt wissen.

      In Niedersachsen haben wir bereits sehr lange das Wahlrecht ab 16 bei Regionalwahlen und bisher sind mir hier keine negativen Auswüchse bekannt, die sich davon ableiten ließen.

      Die Kinder haben in der Schule Politikunterricht und reden teilweise auch gern und häufig fachlich und sachlich über Politikgeschehen. Bei den inoffiziellen Juniorwahlen vor fast 4 Jahren zur Bundestagswahl schnitten die Piraten zugegebenermaßen sehr gut ab. Was mir dabei auffällt, ist dass dort selbst die ganz Jungen Leute schon die Piraten kannten sonst hätten sie sie wohl nicht gewählt. Damals kannten sehr viele Erwachsenen noch weder die Piratenpartei geschweige denn deren programmatische Ausrichtung. Zahlreiche Umfragen haben doch ergeben. dass die Piraten vor Allem aus Verzeiflung gewählt wurden, weils von den Etablierten nix mehr zu erwarten gibt. Mittlerweile sieht man in der Union und SPD offenbar wieder gangbare Möglichkeiten zumal es momentan der Deutschen Wirtschaft gut geht. Würde zumindest für mich halbwegs plausibel die 3 oder 4 Prozent erklären bei denen die Piraten zurzeit stehen.

      Also, was genau veranlasst euch dazu zu denken, dass Jugendliche mit 16 noch keine ausreichende politische Bildung haben um mit Vernunft wählen zu können?

  • 6
    23. Dezember 2012 um 01:20 Uhr

    Bla, bla, bla….

    Transparenz: Wohl als einziges Parlament Deutschlands veröffentlicht der Schleswig-Holsteinische Landtags seit November Tagesordnung und Ergebnisprotokolle seiner Ältestenratssitzungen. Dadurch werden die bisher nicht-öffentlichen interfraktionellen Absprachen erstmals in der Geschichte des Landtags transparent. Den Anstoß dazu haben wir mit einem Geschäftsordnungsänderungsantrag gegeben.

    Nur in eigenen Angelegenheiten sind die PIRATEN nicht so wirklich transparent. Man weiß fast gar nichts beispielsweise über die vorherige berufliche Tätigkeit des Fraktionsvorsitzenden. Man erfährt auch nicht, inwiefern die angestellten Fraktionsmitarbeiter tatsächlich die besten der Besten waren oder ob eben nicht doch gekungelt wurde. Man fragt sich schon, wie der ein oder andere Pirat urplötzlich Mitarbeiter der Fraktion geworden ist. Seltsam, seltsam, piratisch!

  • 7
    Jacky Neiwel
    23. Dezember 2012 um 11:08 Uhr

    „Nur in eigenen Angelegenheiten sind die PIRATEN nicht so wirklich transparent. Man weiß fast gar nichts beispielsweise über die vorherige berufliche Tätigkeit des Fraktionsvorsitzenden. Man erfährt auch nicht, inwiefern die angestellten Fraktionsmitarbeiter tatsächlich die besten der Besten waren oder ob eben nicht doch gekungelt wurde. Man fragt sich schon, wie der ein oder andere Pirat urplötzlich Mitarbeiter der Fraktion geworden ist. Seltsam, seltsam, piratisch!“

    Hast du da irgendwas konkretes vorzubringen, oder hoffst du einfach dass diese Anschuldigungen schon auf irgendwen in den 4 Fraktionen so zu 100% zutreffen werden?

  • 8
    Pirat
    23. Dezember 2012 um 12:29 Uhr

    Wer googlen kann, dem wird geholfen:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Patrick_Breyer

    Und wegen den Mitarbeitern:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Bewerbung#Anonymisierte_Bewerbung
    https://www.piratenfraktion-sh.de/category/jobs/

    Bitte informiere dich doch erstmal, bevor du solche völlig haltlosen Behaupten aufstellst.

  • 9
    26. Dezember 2012 um 23:22 Uhr

    Hallo,

    danke für die Zusammenstellung! Hoffe, jeder dieser Punkte hat ein wenig Öffentlichkeit bekommen!

    Ich finde es sowieso besser, Gutes hervorzuheben, als das Schlechte der anderen zu kritisieren. Schön auch, dass es euch gelungen ist, die anderen Fraktionen im Landtag zu überzeugen, für eure Anträge zu stimmen, anstatt einfach nur beleidigte Opposition zu spielen.

    weiter so,
    Piratenstatistiken

  • 10
    Bregiel die Wilde
    17. Januar 2013 um 15:12 Uhr

    Es freut mich zu lesen dass ich den Piraten nicht umsonst in S-H mit meiner Stimme geholfen habe. Jedoch ob die Arbeit die hier auf Landesebene geleistet wird für eine Beteiligung auf Bundesebene ausreicht stelle ich in Frage.
    Es ist doch stark von Personen abhängig, welchen Eindruch man bei Nicht-Piraten die aber dennoch bereit sind für solche zu stimmen. Es gibt da leider ein paar Personen die mich bei der Bundestagswahl wohl davon abhalten werden den Piraten wie in S-H meine Stimme zu geben.
    B